162 Ärzte, Heilpraktiker, Patienten, Apotheker und weitere Homöopathie-Freunde haben sich in den vergangenen Tagen zusammengetan, um gemeinsam öffentlich Stellung zu beziehen. Ihr Adressat ist Andreas Gassen, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Anlass ist seine Forderung, homöopathische Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen.
Der daraus entstandene offene Brief ist heute von mir an Andreas Gassen versendet worden – inklusive aller bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Unterschriften. Die Namen der 162 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sind öffentlich einsehbar; im Anschreiben an Herrn Gassen wird ausdrücklich auf diese Transparenz hingewiesen. Sie finden den verschickten Brief unter diesem Artikel.
Ausgangspunkt der Aktion war ein Artikel im Homoeopathiewatchblog vom 14. Dezember, in dem ich Gassens Vorstoß vom 12.12. journalistisch eingeordnet und den Text eines offenen Briefes veröffentlicht habe, den jeder unterzeichnen konnte. Der Beitrag wurde rund 3000-mal gelesen. Entscheidend war jedoch nicht die Reichweite, sondern die Reaktion. Aus der Lektüre entstand Beteiligung, aus Kommentaren wurde eine gemeinsame Aktion von Blog und Leserschaft.
Was hier passiert ist, war mehr als eine Diskussion. Der Homoeopathiewatchblog wurde für kurze Zeit zu einem Ort der Bündelung. Leserinnen und Leser haben nicht nur reagiert, sondern sich entschieden, mit Namen und Unterschrift sichtbar zu werden. Daraus ist eine organisierte, nachvollziehbare öffentliche Stellungnahme entstanden.
Bis zum Versand des offenen Briefes haben 162 Personen unterschrieben. Nach Selbstauskunft der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner setzt sich diese Gruppe in etwa wie folgt zusammen: Rund ein Drittel Ärztinnen und Ärzte, rund ein Drittel Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sowie rund ein Drittel Patientinnen und Patienten und weitere Unterstützer der Homöopathie.
Diese Zusammensetzung ist bemerkenswert. Sie zeigt, dass es in dieser Debatte nicht um Standesinteressen geht, sondern um Versorgung. Homöopathie betrifft nicht nur Berufsgruppen, sondern vor allem Menschen, die sich bewusst für bestimmte Therapieangebote entscheiden und diese in ihrem Alltag nutzen.
Vor dem Versand des Briefes habe ich mich heute bei allen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern persönlich bedankt. Öffentlich Stellung zu beziehen, gerade in einer polarisierten Debatte, ist keine Selbstverständlichkeit. Diese Bereitschaft verdient Anerkennung.
Zwei Wege, ein gemeinsames Anliegen
Parallel zur offenen Briefaktion des Watchblogs ist auch der Fachverband Deutscher Heilpraktiker aktiv geworden. Der FDH bzw. Dachverband DDH hat sich mit einem eigenen Schreiben (Link) direkt an die Bundesgesundheitsministerin gewandt und die Debatte aus Sicht der Heilpraktikerschaft eingeordnet.
Damit agiert die Homöopathie-Gemeinschaft auf zwei Ebenen. Öffentlich über den Watchblog, politisch über den Berufsverband FDH bzw. Dachverband DDH mit seinen 16.000 Mitgliedern. Beide Schritte verfolgen dasselbe Ziel, ohne sich zu überschneiden. Sie zeigen, dass diese Auseinandersetzung nicht spontan oder emotional geführt wird, sondern strukturiert und mit klaren Rollen.
Ich hatte mich auch an den Verband der Ärzte für Homöopathie (DZVHAE) gewandt und ihn gebeten (Link), seine Mitglieder über die Briefaktion zu informieren. Leider hat der Verband mir weder geantwortet noch seine Mitglieder informiert. Das bedaure ich. Besonders, da Gassens Attacke gegen die Homöopathie in erster Linie und sofort die Ärzte des Verbandes sowie deren Patienten treffen würde. Der Verband DZVHAE wirkt aus meiner Sicht als Journalist und Aktivist für die Homöopathie immer isolierter, was ich bedaure, weil Ärzte ihn – noch – brauchen. Das zeigt sich beispielsweise auch darin, dass unter den beiden homöopathischen Verbänden nun der homöopathische Heilpraktikerverband VKHD deutlich und öffentlich Position bezieht (Link) zum Thema Grünen-Parteitag und den Gefahren durch die Abschaffung des Binnenkonsens für Heilpraktiker – und für die Ärzte für Homöopathie.
Was diese Aktion zeigt
Der Impuls für den offenen Brief kam nicht aus einer Pressestelle und nicht aus einem Verband. Er kam vom Homoeopathiewatchblog und von seinen Leserinnen und Lesern. Sozusagen als eine Art kleine wirkungsvolle „Greenpeace“-Aktionsgemeinschaft der Homöopathie mit dem Motto #RetteDeineHomöopathie, um sich für die Homöopathie, ihre Ärzte, Heilpraktiker und Patienten sowie für weitere Homöopathie-Freunde gemeinsam einzusetzen.
Der Watchblog war dabei nicht Sprecher an Stelle anderer, sondern Werkzeug. Er hat Informationen bereitgestellt, Argumente eingeordnet und einen Rahmen geschaffen, in dem Beteiligung möglich war. Die Entscheidung, diesen Rahmen zu nutzen, lag bei den Leserinnen und Lesern selbst.
Der offene Brief verzichtet bewusst auf Grundsatzrhetorik. Er formuliert drei konkrete Forderungen, die von allen 162 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern getragen werden:
Bestehende Kassenleistungen für Homöopathie sollen erhalten bleiben.
Politische Vorhaben zum Abbau bewährter Versorgungsstrukturen sollen gestoppt werden.
Gesundheitspolitische Entscheidungen sollen auf einer vollständigen und korrekten Anwendung evidenzbasierter Medizin beruhen.
Diese drei Punkte beschreiben den Kern der aktuellen Auseinandersetzung. Sie benennen sachlich, worum es geht, ohne zu polarisieren.
Danke
Mein ausdrücklicher Dank gilt allen, die den Brief unterzeichnet, den Artikel weitergeleitet oder mir geschrieben haben. Diese Aktion zeigt, dass Leserinnen und Leser mehr sein können als Publikum. Sie können Akteure werden, wenn ihnen die Möglichkeit dazu gegeben wird.
Wie es nun weitergeht, hängt auch davon ab, ob und wie Andreas Gassen reagiert. Der Homoeopathiewatchblog wird die weitere Entwicklung begleiten – transparent, sachlich und nachvollziehbar.
Was wir daraus lernen
Diese Aktion macht deutlich, wie Öffentlichkeit heute entstehen kann. Nicht durch Talkshows, nicht durch große Kampagnenbudgets, sondern durch informierte Menschen, die sich vernetzen und Verantwortung übernehmen.
Der Homoeopathiewatchblog war in diesem Fall nicht Bühne, sondern Infrastruktur. Was hier entstanden ist, lässt sich nicht wegmoderieren und nicht ignorieren. Und genau darin liegt die Wirkung: Wer informiert ist, wer sich organisiert und wer handelt, kann Debatten verschieben. Ruhig, sachlich – aber wirksam.
Was genau verschickt wurde
An Andreas Gassen versendet wurden ein förmliches Anschreiben, der offene Brief in der Originalfassung wie im Watchblog veröffentlicht sowie der Hinweis auf die öffentlich einsehbaren 162 Unterschriften unter dem Artikel.
Im Anschreiben wird Herr Gassen ausdrücklich um eine persönliche Einordnung zu den Forderungen des offenen Briefes gebeten. Es geht nicht um einen Schlagabtausch, sondern um Antwort. Sollte eine Stellungnahme erfolgen, wird sie hier im Watchblog vollständig und unverändert dokumentiert.
Aus formalen Grünen mache ich darauf aufmerksam, dass ich die E-Mail-Adresse von Andreas Gassen dieser öffentlichen Quelle auf der KBV-Website entnommen habe: Link.
Brief an Andreas Gassen, heute an ihn per E-Mail verschickt:
Viele Ärzte sowie weitere Unterzeichner bitten um eine sachliche Einordnung Ihrer öffentlichen Aussagen.
Sehr geehrter Herr Dr. Gassen,
seit dem 14. Dezember 2025 läuft auf dem Homoeopathiewatchblog eine offene Briefaktion als Reaktion auf Ihre öffentlichen Aussagen zur Zukunft der Homöopathie im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Homoeopathiewatchblog erreicht rund 100.000 Leserinnen und Leser pro Monat. Für Sie zur Einschätzung der medialen Relevanz: „Der Hamburger PR-Berater Christian Becker, ein Verfechter der Homöopathie und Betreiber des „HomoeopathieWatchblog“ (Wirtschaftswoche, 11.7.19), „PR-Berater, der für die Homöopathie kämpft“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.10.18), „Ex-DocMorris-Sprecher kämpft für Homöopathie“, (Apotheke Adhoc, 29.9.18), „Als PR-Berater weiß Becker, wie man eine Öffentlichkeit findet – und das tut er nun etwa mit seinem Blog.“ (Österr. Tageszeitung Der Standard, 5.2.2014).
Dem offenen Brief an Sie haben sich bis zum heutigen Tag 162 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner angeschlossen. Nach Selbstauskunft setzt sich diese Gruppe zu etwa gleichen Teilen aus Ärzten, Heilpraktikern, Apothekern und Patienten sowie weiteren Unterstützern der Homöopathie zusammen.
Die 162 Unterzeichnungen sind öffentlich dokumentiert und für Sie jederzeit einsehbar unter folgendem Link (unter dem Artikel):
https://homoeopathiewatchblog.de/2025/12/14/kassenaerztechef-gassen-fordert-gesundheitsministerin-auf-homoeopathie-als-kassenleistung-zu-verbieten-aktion-offener-brief-an-gassen-den-sie-unterzeichnen-koennen/
Viele der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner haben ihre Unterschrift mit einer persönlichen Anmerkung verbunden. Darin schildern sie aus therapeutischer oder patientenseitiger Perspektive, weshalb sie Homöopathie einsetzen und warum sie Ihre Forderung nach einer Streichung bestehender Kassenleistungen für nicht sachgerecht halten.
Mit dieser E-Mail übermittle ich Ihnen den offenen Brief in der Originalfassung, wie er am 14.12. im Homoeopathiewatchblog veröffentlicht wurde, unverändert im Mailtext, zusammen mit allen bis heute eingegangenen Unterschriften – unterhalb des Artikels in den Kommentaren (per Link).
Der offene Brief richtet sich bewusst direkt an Sie. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Detaildiskussion, sondern bringt die Sicht und die Fragen der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner zum Ausdruck.
Ergänzend dazu möchte ich Sie – unabhängig von der inhaltlichen Presseanfrage, die ich am 15.12. an die KBV-Pressestelle gerichtet hatte (deren Beantwortung durch Herrn Dr. Stahl noch aussteht) – um eine persönliche politische Einordnung zu den folgenden drei Punkten bitten:
1. Bestehende Kassenleistungen für Homöopathie erhalten
Teilen Sie die Einschätzung der Unterzeichner, dass bestehende Kassenleistungen für Homöopathie nicht vorschnell gestrichen werden sollten, solange keine belastbare gesundheitspolitische Notwendigkeit dafür besteht?
2. Bewährte Versorgungsstrukturen nicht abbauen
Wie bewerten Sie die Sorge vieler Unterzeichner, dass politische Vorhaben zur Streichung homöopathischer Leistungen bewährte Versorgungsstrukturen schwächen könnten, die von Patientinnen und Patienten bewusst genutzt werden?
3. Evidenzbasierte Medizin vollständig anwenden
Stimmen Sie zu, dass evidenzbasierte Medizin nicht auf einzelne Studien verkürzt werden sollte, sondern stets die Gesamtheit aus Studienlage, Patientenerfahrung und klinischer Praxis berücksichtigen muss?
Über eine persönliche Antwort Ihrerseits würden sich die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sehr freuen. Eine Stellungnahme Ihrerseits würden wir vollständig und unverändert veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian J. Becker
Gesundheitsjournalist, Dipl. oec. troph.
Redakteur Homoeopathiewatchblog.de
Anlagen:
– Offener Brief an Dr. Andreas Gassen (Originalfassung)
– Liste der Unterzeichner (öffentlich einsehbar beim oben genannten Artikel/Link)
Offener Brief an den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Herrn Dr. Andreas Gassen
(Originalfassung wie im Homoeopathiewatchblog am 14.12. veröffentlicht)
Sehr geehrter Herr Dr. Gassen,
wir wenden uns an Sie als Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sowie Unterstützer der Homöopathie, die diese Therapieform seit vielen Jahren in der medizinischen Praxis und Versorgung erleben und nutzen.
Ihre Forderung, homöopathische Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen, begründen Sie mit einer angeblich fehlenden Evidenz. Diese Einschätzung weisen wir in dieser Pauschalität zurück.
Der international anerkannte Begriff der evidenzbasierten Medizin, geprägt von David Sackett, umfasst drei gleichwertige Elemente:
- wissenschaftliche Evidenz,
- ärztliche Erfahrung,
- Werte und Präferenzen der Patientinnen und Patienten.
Eine Reduktion von Evidenz auf bestimmte Studiendesigns widerspricht diesem Grundverständnis und stellt keine sachgerechte Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen dar.
Zur Homöopathie liegt eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur vor – darunter randomisierte Studien, Metaanalysen sowie große Versorgungs- und Beobachtungsstudien. Insbesondere die Versorgungsforschung zeigt, dass Patientinnen und Patienten unter homöopathischer Behandlung langfristig profitieren können. Arbeiten wie die Versorgungsanalysen von Hamre et al. (2023) belegen diese Effekte unter Alltagsbedingungen.
Vor diesem Hintergrund stellen wir klar:
- Es gibt keine sachliche Grundlage, homöopathische Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen.
- Es gibt keine fachliche Rechtfertigung, den Arzneimittelstatus homöopathischer Präparate oder deren Apothekenpflicht infrage zu stellen.
- Derartige Schritte wären politische Entscheidungen, nicht medizinisch gebotene Maßnahmen.
Wir fordern daher, dass:
- bestehende Kassenleistungen für Homöopathie erhalten bleiben,
- politische Vorhaben zum Abbau bewährter Versorgungsstrukturen gestoppt werden,
- und gesundheitspolitische Entscheidungen auf einer vollständigen, korrekten Anwendung evidenzbasierter Medizin beruhen.
Homöopathie ist für viele Menschen ein relevanter Bestandteil ihrer medizinischen Versorgung. Diese Realität darf nicht aus ideologischen Gründen ignoriert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
aus der Homöopathie-Gemeinschaft (siehe Unterzeichner unter Artikel/Link)
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Christian J. Becker
(Gesundheitsjournalist, Healthcare- und Food-Blogger)E-Mail redaktion@homoeopathiewatchblog.de
Hamburg
Telefon +49 40 228 60 148:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
PRESSERESONANZ BLOGS
• Schweizer Fernsehen SRF berichtet über Homoeopathiewatchblog, 17.4.18
Wirtschaftswoche, 11.7.19
• „PR-Berater, der für die Homöopathie kämpft“, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.10.18
• „Ex-DocMorris-Sprecher kämpft für Homöopathie“, Apotheke Adhoc, 29.9.18
• Auszeichnung von Radiosender Hamburg Zwei für Blog über Hamburg
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Ihr
Christian J. Becker
Gesundheitsjournalist, Blogger
Aktiv für die Homöopathie seit 2018
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