Vom 28. bis 30. November entscheidet der Parteitag der Grünen über mehrere Anträge, die die Homöopathie massiv betreffen. Dies wird eine Richtungsentscheidung in der Gesundheitspolitik, die sich auf 30 Millionen Anwender der Homöopathie auswirkt. Genau deshalb sollten wir vorher ehrlich darüber sprechen, wie wir als Homöopathie-Gemeinschaft gerade auftreten und wo wir stehen.
Ich beobachte seit Wochen zwei sehr unterschiedliche Lager.
Die Aktiven
Einige Organisationen zeigen, wie es gehen kann. Die Initiative weils hilft und der Heilpraktikerverband FDH haben früh gewarnt, aufgerüttelt und ihren Mitgliedern und anderen Interessierten öffentlich konkrete Wege an die Hand gegeben, sich einzubringen. Beide stellen Protestbriefe öffentlich bereit (Link), beide erreichen viele Menschen, beide machen sichtbar, dass Homöopathie eine starke und engagierte Gemeinschaft hat.
Auch in meinen Blogs Homoeopathiewatchblog und Heilpraktiker-Newsblog habe ich seit Ende September in zehn Artikeln versucht, aufmerksam zu machen. Ich habe über die Anträge berichtet, ihre Bedeutung erklärt, Folgen eingeordnet und zu Aktionen eingeladen. Es ging nie darum, jemanden zu überreden, sondern darum, dass jeder, der sich beteiligen möchte, überhaupt erfährt, was auf dem Spiel steht.
Die Inaktiven
Parallel dazu gibt es homöopathische Verbände, die ihre Mitglieder eher bremsen. In Newslettern waren Formulierungen zu lesen, die den Eindruck vermittelten, die Anträge seien „abgeschwächt“, „Kompromisse“ oder nur „ein Einstieg in eine Debatte“. Diese Botschaften haben viele beruhigt. Einige wurden dadurch sogar erst davon abgehalten, selbst aktiv zu werden. Was hinter dem grünen Wohlfühlsprech des Vorstandsantrages wirklich an harten Einschnitten steckt, habe ich in diesem Artikel erläutert: Link. Wenn die Homöopathie-Gemeinschaft jetzt nur auf den Tonfall schaut und nicht auf den Inhalt, wird sie überrascht werden. Der Antrag des Grünen-Vorstands ist kein moderater Kompromiss. Er ist ein Fahrplan für die Abschaffung zentraler Grundlagen der homöopathischen Versorgung. Verpackt in Sprache, die so glatt ist, dass viele homöopathische Verbände sich täuschen lassen und nicht wahrnehmen oder wahrnehmen wollen, wie viel dahintersteckt.
Das Problem ist nicht, dass diese inaktiven Verbände eine eigene Einschätzung haben. Das Problem ist, dass sie den Ernst der Lage herunterspielen, während ein Parteitag über die Zukunft der Homöopathie im Gesundheitswesen entscheidet.
Was das für die nächsten Tage bedeutet
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: Wenn die Homöopathie-Gemeinschaft gewinnt, dann weil sie gemeinsam aktiv ist, sichtbar ist und geschlossen handelt. Das war beim SPD-Parteitag so und auch bei der Anti-Lauterbach-Petition. Wenn sie verliert, dann liegt es meist nicht an der Lautstärke der Gegner, sondern daran, dass Teile der eigenen Homöopathie-Verbände passiv bleiben und ihre Mitglieder zur Passivität aufrufen.
Genau diese Gefahr sehe ich jetzt wieder.
Ein Appell an alle, die eigentlich aktiv werden wollen
Jeder, der Homöopathie nutzt oder beruflich mit ihr arbeitet, sollte sich in diesen Tagen fragen, ob er zuschauen will oder mitwirken. Und das gilt ausdrücklich auch für Mitglieder von Verbänden, die zur Zurückhaltung raten. Niemand muss die Haltung seines Verbandes übernehmen. Jeder kann selbst entscheiden, ob er die Briefaktionen von weils hilft oder dem FDH unterstützt. Hier geht es zu den Briefen und Adressen: Link.
Es geht nicht um ein Wettrennen der Organisationen. Es geht darum, dass die Homöopathie-Gemeinschaft zeigt, dass sie da ist und dass man mit ihr rechnen muss.
Wenn wir wollen, dass die Homöopathie eine Zukunft hat, dann ist jetzt der Moment, an dem jede Stimme zählt. Ansonsten wird es am Parteitag der Grünen in bitteres Erwachen für die Homöopathie-Gemeinschaft geben. Und die inaktiven homöopathischen Verbände werden die Fragen ihrer Mitglieder nach ihrer Verantwortung und Mitschuld am möglichen Verbot der Homöopathie beantworten müssen.

