Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, fordert die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken auf, homöopathische Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen. Seine Begründung: Homöopathie sei nicht evidenzbasiert. Dieser erneute Angriff auf die Homöopathie erfolgte am 13.12. per Medieninterview von Gassen (Link). Zitat „Gassen: Es gibt keine Evidenz, dass Homöopathie wirkt. Menschen sollen gerne Globuli und Mistel-Zweige einsetzen, wenn sie daran glauben – aber nicht zulasten der Beitragszahler.“
Diese Forderung ist kein isolierter Vorstoß. Nach dem Grünen-Parteitag und den dort formulierten Plänen, Homöopathie aus der Regelversorgung zu drängen, war absehbar, dass weitere Akteure nachziehen würden. Ich habe im Watchblog früh darauf hingewiesen, dass ein Dammbruch droht. Genau diesen erleben wir jetzt.
Doch die Homöopathie-Gemeinschaft muss diese erneute Attacke nicht still hinnehmen. Ich habe einen Offenen Brief entworfen (Text unter diesem Artikel), den die Homöopathie-Gemeinschaft gemeinschaftlich Gassen schicken kann. Sie können den Brief gern mitunterzeichnen. Ich möchte ihn spätestens am 19.12. abschicken.
Ein politisch verengter Evidenzbegriff
Gassen stützt seine Forderung auf ein Evidenzverständnis, das evidenzbasierte Medizin faktisch auf randomisierte kontrollierte Studien reduziert. Dieses Verständnis ist fachlich nicht haltbar.
Der international anerkannte Begriff der evidenzbasierten Medizin, geprägt von David Sackett, beruht auf drei gleichwertigen Säulen:
- der besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz,
- der klinischen Erfahrung von Ärztinnen und Ärzten,
- den Werten und Präferenzen der Patientinnen und Patienten.
Wer zwei dieser drei Säulen ausblendet, argumentiert nicht evidenzbasiert, sondern ideologisch verengt.
Keine sachliche Grundlage für den Abbau bewährter Strukturen
Die Forderung, Homöopathie aus der Kassenleistung zu streichen, entbehrt einer sachlichen Grundlage. Gleiches gilt für weitergehende politische Pläne, etwa:
- den Arzneimittelstatus homöopathischer Mittel infrage zu stellen,
- die Apothekenpflicht aufzuweichen oder abzuschaffen.
Für keine dieser Maßnahmen liegt eine belastbare medizinische oder versorgungswissenschaftliche Evidenz vor. Sie wären politische Entscheidungen, keine fachlichen Notwendigkeiten.
Was Studien tatsächlich zeigen
Die pauschale Behauptung, Homöopathie sei „nicht evidenzbasiert“, hält einer nüchternen Prüfung nicht stand. Neben randomisierten Studien existieren zahlreiche Versorgungs- und Beobachtungsstudien, die zeigen, dass homöopathische Behandlungen unter Alltagsbedingungen wirksam sein können – insbesondere bei chronischen Erkrankungen.
Große Versorgungsanalysen, unter anderem von Harald Hamre et al. (2023), dokumentieren langfristige Verbesserungen bei Patientinnen und Patienten, häufig bei guter Verträglichkeit und hoher Zufriedenheit.
Haltung zeigen wirkt – das haben wir gelernt
Die vergangenen Monate haben eines deutlich gemacht: Haltung und Aktivität wirken.
Internationale Akteurinnen wie Gabi Schörk und Andra Dattler von Dimensions of Homeopathy und der Arzt und Forscher Prof. Michael Frass haben im Watchblog klar betont, dass Rückzug keine Option ist.
Auch die Auseinandersetzung rund um Jan Böhmermann hat gezeigt: Die Homöopathie-Gemeinschaft kann gemeinsam etwas bewirken. Sachlich, ruhig, organisiert. Diese Erfahrung ist wichtig – gerade jetzt, wo politische Weichenstellungen vorbereitet werden.
Ein offener Brief an Andreas Gassen
Vor diesem Hintergrund reicht ein defensives Abwarten nicht aus. Die Homöopathie-Gemeinschaft muss deutlich machen, dass der geplante Abbau keine fachliche Grundlage hat.
Ich habe daher einen offenen Brief an Andreas Gassen vorbereitet. Darin stellen wir klar:
- dass es keine sachliche Rechtfertigung für den Ausschluss aus der Kassenleistung gibt,
- dass der Evidenzbegriff korrekt anzuwenden ist,
- und dass gesundheitspolitische Entscheidungen nicht gegen Patientinnen und Patienten getroffen werden dürfen.
Jetzt Haltung zeigen und mitzeichnen
Wenn Sie diesen offenen Brief unterstützen möchten, schreiben Sie bitte einen Kommentar unter diesen Artikel mit folgendem Text:
Ich unterstütze den offenen Brief der Homöopathie-Gemeinschaft an Andreas Gassen.
Bitte nennen Sie im Kommentar ihren Vornamen, Nachnamen, Ort, Beruf (optional) – und gern einen Satz, warum Ihnen Homöopathie wichtig ist.
Die Unterschriften sammle ich und füge sie dem Brief bei. Gern würde ich den Brief mit vielen Unterschriften spätestens am 19.12. an Gassen schicken.
Hinweis aus formalen Gründen: Mit Ihrer Unterschrift im Kommentar stimmen Sie zu, dass Ihr Name/Ort/Beruf in der Unterzeichnerliste veröffentlicht und zusammen mit dem offenen Brief an Herrn Gassen übermittelt wird.
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Offener Brief der Homöopathie-Gemeinschaft an Andreas Gassen
Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Sehr geehrter Herr Gassen,
wir wenden uns an Sie als Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sowie Unterstützer der Homöopathie, die diese Therapieform seit vielen Jahren in der medizinischen Praxis und Versorgung erleben und nutzen.
Ihre Forderung, homöopathische Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen, begründen Sie mit einer angeblich fehlenden Evidenz. Diese Einschätzung weisen wir in dieser Pauschalität zurück.
Der international anerkannte Begriff der evidenzbasierten Medizin, geprägt von David Sackett, umfasst drei gleichwertige Elemente:
- wissenschaftliche Evidenz,
- ärztliche Erfahrung,
- Werte und Präferenzen der Patientinnen und Patienten.
Eine Reduktion von Evidenz auf bestimmte Studiendesigns widerspricht diesem Grundverständnis und stellt keine sachgerechte Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen dar.
Zur Homöopathie liegt eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur vor – darunter randomisierte Studien, Metaanalysen sowie große Versorgungs- und Beobachtungsstudien. Insbesondere die Versorgungsforschung zeigt, dass Patientinnen und Patienten unter homöopathischer Behandlung langfristig profitieren können. Arbeiten wie die Versorgungsanalysen von Hamre et al. (2023) belegen diese Effekte unter Alltagsbedingungen.
Vor diesem Hintergrund stellen wir klar:
- Es gibt keine sachliche Grundlage, homöopathische Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen.
- Es gibt keine fachliche Rechtfertigung, den Arzneimittelstatus homöopathischer Präparate oder deren Apothekenpflicht infrage zu stellen.
- Derartige Schritte wären politische Entscheidungen, nicht medizinisch gebotene Maßnahmen.
Wir fordern daher, dass:
- bestehende Kassenleistungen für Homöopathie erhalten bleiben,
- politische Vorhaben zum Abbau bewährter Versorgungsstrukturen gestoppt werden,
- und gesundheitspolitische Entscheidungen auf einer vollständigen, korrekten Anwendung evidenzbasierter Medizin beruhen.
Homöopathie ist für viele Menschen ein relevanter Bestandteil ihrer medizinischen Versorgung. Diese Realität darf nicht aus ideologischen Gründen ignoriert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
aus der Homöopathie-Gemeinschaft
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Hinweis für Leser:
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Ich unterstütze den offenen Brief der Homöopathie-Gemeinschaft an Andreas Gassen.
Bitte nennen Sie im Kommentar ihren Vornamen, Nachnamen, Ort, Beruf (optional) – und gern einen Satz, warum Ihnen Homöopathie wichtig ist.
Die Unterschriften sammele ich und füge sie dem Brief bei. Gern würde ich den Brief mit vielen Unterschriften spätestens am 19.12. an Gassen schicken.
Hinweis aus formalen Gründen: Mit Ihrer Unterschrift im Kommentar stimmen Sie zu, dass Ihr Name/Ort/Beruf in der Unterzeichnerliste veröffentlicht und zusammen mit dem offenen Brief an Herrn Gassen übermittelt wird.
Wie Sie diese Arbeit möglich machen können
Der aktuelle Angriff von Kassenchef Andreas Gassen auf die Homöopathie zeigt erneut:
Wer öffentlich widerspricht, recherchiert, einordnet und Haltung zeigt, braucht Rückhalt.
Recherchen, offene Briefe, juristische Einordnungen, grafische Materialien, Handzettel, Newsletter und öffentliche Aktionen wie jetzt im Fall Gassen lassen sich nicht „nebenbei“ stemmen. Sie erfordern Zeit, Konzentration – und in sensiblen Phasen auch rechtliche und technische Absicherung.
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Seit Jahren trage ich den Homoeopathiewatchblog mit viel persönlichem Einsatz – oft nachts, oft sonntags um 7 Uhr wie dieser Artikel, oft parallel zu meinem Brotberuf als Gesundheitsjournalist. In den letzten Wochen, nach Grünen-Parteitag, Böhmermann-Debatte und nun dem Vorstoß von Gassen, war das Pensum besonders hoch.
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Christian J. Becker, Dipl. oec. troph.
Gesundheitsjournalist, Blogger
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