In der politischen Debatte um die Zukunft der Homöopathie hat sich seit dem 25. Dezember eine neue Lage ergeben: Nach SPD, Grünen und Linken positioniert sich nun auch die CDU erstmals gegen Homöopathie. Aus CDU-Kreisen heißt es aus einem Berater-Gremium, man wolle „Sonderregeln für Homöopathie auf den Prüfstand“ stellen (Link), ein Signal, das weit über interne Debatten hinaus Wirkung entfaltet. Verstärkt wurde das Signal aus dem Bundeskanzleramt.
Damit formiert sich erstmals eine parlamentarische Allparteien-Mehrheit, getragen von SPD, Grünen, Linken und CDU, die im Bundestag zusammen rund 75 Prozent der Sitze auf sich vereint. Diese Mehrheit könnte in den kommenden Monaten die politische Weichenstellung zur Homöopathie grundlegend verändern. Sie könnte beispielsweise den Binnenkonsens innerhalb kürzester Zeit abschaffen.
Der sogenannte Binnenkonsens wurde in den 1970er-Jahre vom Bundestag beschlossen. Durch ihn sind homöopathische und anthroposophische Mittel und Teile der Phytotherapeutika als Arzneimittel im deutschen Recht verankert. Sollte dieser Konsens für die besonderen Therapierichtungen von der Bundestagsmehrheit der Allparteien-Koalition gegen Homöopathie abgeschafft werden, hätten homöopathische Arzneimittel künftig keinen Status mehr. Dies würde quasi einem Verbot von Homöopathie in Deutschland gleichkommen. Das hätte weitreichende Folgen für Patienten, Heilpraktiker, Ärztinnen und Ärzte sowie Hersteller. Therapeuten hätten keine Therapeutika mehr, Patienten keine Therapeutika für die Selbstbehandlung, und Hersteller hätten keine Produkte mehr zum Verkaufen.
Politisch brisant ist der Zeitpunkt der Debatte: Während sich viele auf das Weihnachtsfest mit der Familie fokussieren, laufen im Hintergrund politische Beratungen und Strategieprozesse. Und ein Beratergremium der CDU-Regierung hat die Weihnachtstage genutzt, um die Botschaft gegen Homöopathie zu platzieren (Link). Beobachter warnen, dass Entscheidungen in Phasen geringer medialer Aufmerksamkeit oft de facto Konsens werden. Ein politischer Berater wurde mit den Worten zitiert: „Zwischen den Jahren wird formuliert, was im Frühjahr beschlossen werden kann.“
Die entstehende Mehrheit aus SPD, Grünen, Linken und CDU markiert einen Bruch gegenüber früheren Positionen, in denen die CDU sich nicht eindeutig zu pauschalen Einschränkungen bekannt hatte. Sollte sich diese Linie parlamentarisch durchsetzen, könnte sie zu einer der bedeutendsten strukturellen Veränderungen im Umgang mit Homöopathie in Deutschland seit Jahrzehnten führen.
Bereits auf dem Bundesparteitag der Grünen in Hannover wurde im November beschlossen, dass Krankenkassen homöopathische Behandlungen künftig nicht mehr bezahlen sollten – mit der Begründung, dass ihre Wirksamkeit über den Placebo-Effekt hinaus nicht belegt sei. Auch die Abschaffung des Binnenkonsens wurde beschlossen. „Die Solidargemeinschaft soll nicht für Therapien aufkommen, deren Wirksamkeit über den Placebo-Effekt hinaus wissenschaftlich nicht belegt ist“, heißt es im Beschluss der Grünen.
Auch in der SPD ist die Debatte schon lange im Gang. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte in den vergangenen Jahren wiederholt vorgeschlagen, homöopathische Leistungen aus der Erstattung zu streichen, weil sie keinen medizinischen Nutzen erbrächen. Lauterbach sagte, „es macht keinen Sinn, wenn gesetzliche Krankenkassen etwas bezahlen, das medizinisch nichts bringt“. Dies hatte der SPD-Parteitag im Sommer ebenfalls per Antrag diskutiert – und um einen Passus gegen den Binnenkonsens ergänzt.
Die Linke hat in internen Beschlüssen ebenfalls klar gemacht, dass sie homöopathische Arzneimittel nicht länger als reguläre medizinische Leistung sehen will (parteiinterne Texte).
Und nun signalisiert auch die CDU einen Richtungswechsel. Damit stehen vier der im Bundestag vertretenen Parteien in einer Linie, die über die früheren Einzelforderungen hinausgeht.
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Christian J. Becker
Gesundheitsjournalist, Blogger
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