Die Partei der Grünen ist bei der Beurteilung von Homöopathie in zwei Lager gespalten: das Lager der Befürworterinnen wie die pflegepolitische Sprecherin Kordula Schulz-Asche (Bericht) und das neoliberale Lager der Globuli-Gegner. Angeführt wird dieses Lager von Tim Demisch, der der Antreiber hinter einem Antrag der Grünen auf ihrem Parteitag im November in Bielefeld ist. Der Antrag ist seit 9. 9. offiziell und wird von über 250 Grünen unterstützt (darunter 80 % Männer). Sein Ziel ist es, die Homöopathie zu diskreditieren und die sie aus der GKV zu verbannen und als Arzneimittel zu verbieten. Demisch ist erst seit einiger Zeit bei den Grünen, zuvor war er lange bei der FDP. Erst seitdem er bei den Grünen ist, agiert er gegen Alternativmedizin. Unterstützt wird er dabei von der Anti-Homöopathie-Lobby INH, wie Demisch auf Nachfrage des Homoeopathiewatchblog gestanden hat und twitterte:
Die Anti-Globuli-Fraktion der Grünen wird ganz offen von der Anti-Homöopathie-Lobby unterstützt, wie der grüne Antragsteller veröffentlichte (Artikel). Die Anti-Homöopathie-Lobby wird finanziert u.a. vom juristischen Abmahnverein Deutscher Konsumentenbund, der Budget eintreibt, indem er Homöopathen und Heilpraktiker für deren Webseiten abmahnt (Artikel).
Wenn die Grünen den Lobby-Antrag gegen Homöopathie auf ihrem Parteitag annähmen, wären sie die erste Partei, die eine Anti-Homöopathie-Politik offiziell zur Parteilinie macht. Da sie voraussichtlich der nächsten Bundesregierung angehören, würde die Anti-Globuli-Politik zur Regierungs-Politik werden.
Gegen den Antrag der Grünen gibt es aktuell einen Petition auf Change.org, die die Grünen dazu aufruft, sich für Homöopathie und ihre 30 Millionen Nutzer einzusetzen und gegen den Antrag der Grünen zu stimmen (Link zur Petition auf Change.org).
Wortlaut des Grünen-Antrags inkl. Analyse
Ich habe den Antrag der Grünen daraufhin untersucht, welche Anteile am Antrag die Anti-Homöopathie-Lobby INH hat und welchen Anteil die Grünen haben. Dazu habe ich alle Sätze rot markiert, die mit den Botschaften des INH übereinstimmen, alle Sätze in grüner Farbe, die originär grün-politisch wirken. Das Ergebnis: 98 % des Antrags der Grünen gegen Homöopathie sind offensichtlich von der Anti-Homöopathie-Lobby INH geschrieben bzw. ihre Botschaften übernommen.
ANTRAG DER GRÜNEN ZUR BUNDESDELEGIERTENKONFERENZ IM NOVEMBER IN BIELEFELD GEGEN HOMÖOPATHIE:
ECHTER PATIENT*INNENSCHUTZ: BEVORTEILUNG DER HOMÖOPATHIE BEENDEN!
Einer der Grundsätze unserer Politik ist es, wissenschaftliche Fakten wahrzunehmen und sie
als Grundlage für politische Gestaltung zu nutzen. Dabei soll weder die Wissenschaft die
Politik bestimmen, noch soll dies umgekehrt der Fall sein.
Aus dieser Grundüberzeugung heraus fordern wir eine Aktualisierung der Grünen
Gesundheitspolitik. Wir treten für eine wissenschaftlich fundierte, faktenbasierte und
solidarisch finanzierte medizinische Versorgung für alle ein. Die Finanzierung von
nachweislich nicht über den Placebo-Effekt hinaus wirksamen Behandlungsmethoden ist mit
diesem Grundsatz unvereinbar.
Eine aktuell sehr breit diskutierte Behandlungsmethode dieser Art ist die Homöopathie, die
sich selbst als eine sogenannte Alternativmedizin einordnet, jedoch nicht mit Naturheilkunde
verwechselt werden darf. Sie basiert laut eigener Aussage darauf, „Ähnliches mit Ähnlichem“
zu behandeln, was bedeutet, dass ein Krankheitssymptom mit der Substanz behandelt werden
soll, welche das gleiche Symptom bei einer gesunden Person hervorrufen kann. In den meisten
Fällen wird diese Substanz zur Herstellung eines Homöopathikums mehrfach unter Zugabe von
Wasser oder Alkohol verdünnt und nach jedem Schritt stark geschüttelt (sogenannte
Potenzierung). Eine Änderung der Wirksamkeit eines Stoffes durch die sogenannte Potenzierung
ist nicht nachweisbar. Die häufigste Darreichungsform der Homöopathie sind sogenannte
Globuli, Zuckerkügelchen, die mit dem verdünnten und geschüttelten Mittel besprüht werden.
Die Verdünnung ist hierbei so stark, dass Moleküle der Ausgangssubstanz nicht mehr
nachgewiesen werden können. Neben den Globuli existieren noch weitere Darreichungsformen in
der Homöopathie.
Von wissenschaftlicher Seite wurden homöopathische Behandlungsformen sehr ausführlich
untersucht: Die fehlende Wirksamkeit homöopathischer Verfahren über den Placebo-Effekt
hinaus wurde mehrfach in sehr großen und qualitativ hochwertigen Studien dargelegt. Einige
betonen das gesundheitliche Risiko der verspäteten Behandlung durch Symptomverschleppung,
wenn Homöopathika bei gefährlichen bzw. chronischen Erkrankungen anstatt eines Medikaments
mit pharmazeutischen Wirkstoffen eingenommen werden.
Vor dem Hintergrund dieser eindeutig fehlenden Wirksamkeit verwundert es, dass
homöopathische Mittel in Deutschland gegenüber Therapien mit nachgewiesener Wirkung
bevorteilt werden. Beispielsweise bedürfen Homöopathika gemäß des gültigen
Arzneimittelgesetzes keiner Zulassung, sondern lediglich einer relativ simplen
Registrierung, damit sie als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden dürfen. Wählen
Hersteller*innen von Homöopathika aber trotzdem den Schritt der Zulassung, um Vorteile zu
erhalten, bedarf es auch hier nur eines stark vereinfachten Verfahrens ohne
wissenschaftlichen Wirkungsnachweis, dem sogenannten Binnenkonsens.
Außerdem unterliegen nahezu alle Homöopathika der Apothekenpflicht. Das würde in der Theorie
eine Aufklärung über die wissenschaftliche Betrachtung der Homöopathie durch die Apothekerin
oder den Apotheker ermöglichen, führt in der Praxis jedoch nur zur Statusaufwertung der
Mittel. Zudem verschreiben bzw. verkaufen manche Ärztinnen und Apothekerinnen
Homöopathika, ohne auf die empirisch unbelegte Wirkungsweise über den Placebo-Effekt hinaus
hinzuweisen oder schlimmstenfalls, ohne von dieser zu wissen. Die homöopathische Branche
stellt des Weiteren oftmals die Behauptung auf, ihre Mittel würden auch schwerwiegende
Krankheiten heilen. All diese Faktoren tragen zur besagten Statusaufwertung von Homöopathika
bei, obwohl diese Heilung wissenschaftlich in sehr großer Ausführlichkeit widerlegt ist.
Auch übernimmt die überwältigende Mehrheit der gesetzlichen, solidarisch finanzierten
Krankenkassen die Kosten für homöopathische Behandlungen. Versicherte, die eine Krankenkasse
wählen wollen, in der sie mit ihren Beiträgen ausschließlich wissenschaftlich plausible
Therapien finanzieren, können lediglich zwischen wenigen Kassen mit meist höherem
Zusatzbeitrag wählen.
Aus diesen Gründen fordern wir, dass die Sonderrechte der Homöopathie und anderer
sogenannter besonderer Therapierichtungen durch das Arzneimittelgesetz, das Fünfte Buch
Sozialgesetzbuch und weitere Rechtsvorschriften aufgehoben oder zumindest kritisch überdacht
werden. Diese Forderung beinhaltet, die simple Registrierung und die vereinfachte Zulassung
von Homöopathika als Arzneimittel durch eine Zulassung mit wissenschaftlicher Betrachtung
wie bei Medikamenten mit nachweisbaren Wirkstoffen zu ersetzen und die Erstattung dieser
nachgewiesenermaßen nicht über den Placebo-Effekt hinaus wirksamen Behandlungsmethoden durch
die Krankenkassen zu beenden. Dies beides soll nach Ablauf einer Frist auch für bereits auf
dem Markt befindliche Homöopathika gelten. Außerdem fordern wir hinsichtlich der Homöopathie
eine verstärkte Aufklärung der Patient*innen, um diese zu schützen. Homöopathika sollen klar
mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ihrer Wirkung und mit ihren Inhaltsstoffen
deklariert werden, wie es bspw. schon in den Vereinigten Staaten von Amerika der Fall ist.
Außerdem sollen Ärztinnen und Apothekerinnen die Patient*innen zur fehlenden Wirkung über
den Placebo-Effekt hinaus informieren, bevor sie in der Apotheke ohne ihr Wissen Zuzahlungen
zu unwirksamen Mitteln leisten.
Ziel unserer Forderungen soll es aber nicht sein, Menschen, die homöopathische Mittel aus
freier Entscheidung und mit dem Wissen über die fehlende Evidenzbasis wählen, unnötig zu
benachteiligen. Ein Verbot der homöopathischen Behandlung fordern wir ausdrücklich nicht.
Vielmehr erkennen wir, dass Placebos in gewissen Bereichen auch sinnvoll eingesetzt werden
können – insbesondere in Fällen, in denen wirksame Therapien nicht zur Verfügung stehen.
Jedoch müssen auch im Bereich der Placebos für alle Behandlungsmethoden die gleichen
gesetzlichen Voraussetzungen und eine dem geringen Aufwand angemessene Preisgestaltung
gelten.
Unser hiermit bekräftigtes Bekenntnis zu einer auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
basierenden Gesundheitspolitik schließt die in vielerlei Hinsicht berechtigte Kritik des
Gesundheitssystems und dessen Ökonomisierung nicht aus.