Während die meisten Menschen über die Feiertage im Weihnachtsurlaub sind, zeichnet sich in der gesundheitspolitischen Debatte in den letzten beiden Tagen eine Entwicklung ab, die für die Homöopathie-Gemeinschaft relevant sein dürfte. Innerhalb von nur zwei Tagen haben während der Weihnachtszeit zwei zentrale politische Akteure der Regierung bzw. der Regierungsberater – unabhängig voneinander – Aussagen getroffen, die gemeinsam ein politisches Signal auch gegen Homöopathie setzen, das über zufällige Kommentare hinausgeht.
Der Homoeopathiewatchblog bleibt in solchen Momenten bewusst aufmerksam – auch dann, wenn viele Verbände und Organisationen der Homöopathie verständlicherweise in den Feiertagen pausieren. Genau in diesen stilleren Phasen – gern über Weihnachten – werden von der Politik gern Weichen gestellt, die man später nur schwer korrigieren kann.
Regierungs-Gutachterin nennt Homöopathie als Streichkandidaten
Am 24. Dezember hat Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats der Bundesregierung („Wirtschaftsweise“), einem Gutachtergremium, in einem Interview mit der Rheinischen Post angesichts steigender Gesundheitskosten Reformbedarf angemahnt. Sie sagte: „Das Gesundheitssystem muss effizienter werden“ und schlug vor, „Leistungen wie Homöopathie und andere Kassenleistungen ohne Evidenz“ könnten gestrichen werden. Zugleich forderte sie eine höhere Selbstbeteiligung der Versicherten, etwa in Form einer Praxisgebühr.
Kanzleramt signalisiert: Leistungen werden entfallen
Nur einen Tag später äußerte sich Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ähnlich grundlegend zur Zukunft der Gesundheitsfinanzierung: „Klar ist auch, dass manche Leistungen entfallen müssen, um das Gesundheitssystem günstiger zu machen, was in anderen Ländern auch funktioniert.“ Er betonte, solche Einschnitte würden zwar Widerstand hervorrufen, seien aber im „Interesse des Ganzen“ notwendig. Welche Leistungen konkret gestrichen werden sollen, ließ der CDU-Politiker offen.
Aus zwei Aussagen wird ein Muster
Diese beiden Aussagen – zeitlich dicht beieinander und noch dazu über Weihnachten publiziert – mögen auf den ersten Blick unverbunden wirken. Politisch betrachtet ergeben sie jedoch ein zusammenhängendes Muster: Sie markieren den Beginn einer öffentlichen Auseinandersetzung darüber, welche Leistungen das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung künftig tragen soll und welche nicht.
Der Sachverständigenrat als Vorbereiter unangenehmer Entscheidungen
Der Sachverständigenrat, dessen Vorsitzende Schnitzer ist, spielt dabei eine besondere Rolle. Er hat keine exekutive Macht, aber er nimmt regelmäßig eine Vorreiter- und Legitimationsfunktion in politischen Debatten ein. Seine Aufgabe ist es, der Bundesregierung und der Öffentlichkeit gutachterlich aufzuzeigen, wo volkswirtschaftliche Herausforderungen liegen und welche Reformen „aus ökonomischer Sicht“ sinnvoll erscheinen. Indem der Rat öffentlich provoziert, zum Beispiel Leistungen ohne Evidenz zur Diskussion zu stellen, liefert er der Politik eine scheinbar neutrale, wissenschaftlich unterlegte Argumentationsgrundlage für spätere Entscheidungen.
Homöopathie als „bequemer“ Sparposten aus Sicht der Regierung
Gerade die Nennung der Homöopathie in diesem Kontext ist mehr als ein bloßes Beispiel. Sie trifft einen konkreten Bereich, der politisch angreifbar ist: Homöopathie wird in der fachlichen Debatte häufig als nicht-evidenzbasierte Leistung beschrieben, die – so das Argument – nicht unbedingt durch Beitragsmittel finanziert werden sollte. Schnitzers Formulierung, Homöopathie könne als Leistung „gestrichen werden“, ist deshalb kein abstrakter Gedanke, sondern ein gezielter Vorschlag.
Kanzleramtsminister Frei testet die Akzeptanz von Kürzungen
Frei wiederum kündigt einen allgemeinen Leistungsabbau an, ohne sich auf einzelne Felder festzulegen. Das ist politisch kein Zufall: Politiker testen kommunikativ, wie weit sie gehen können, bevor der öffentliche Widerstand zu groß wird. Die Stufenstrategie lautet oft: Zuerst das Problem benennen, dann mögliche Lösungen skizzieren, danach in konkrete Gesetzesänderungen einmünden. Frei bereitet die Bevölkerung schon einmal darauf vor, dass „Leistungen entfallen müssen“, und nutzt dafür die Weihnachtzeit.
Noch nichts beschlossen — aber die Bühne ist bereitet
Was bedeutet das für die Homöopathie-Gemeinschaft? Momentan ist noch nichts beschlossen. Aber die Diskussion über Einsparungen im Gesundheitssystem ist eröffnet – und in dieser Phase werden die Argumente gesetzt, die später als rechtfertigende Grundlage dienen könnten. Genau deshalb lohnt es sich, aufmerksam zu beobachten, wie die Debatte weiterläuft und wie andere Akteure – politische Parteien, Krankenkassen, Verbände – darauf reagieren.
Fazit: Agenda-Setting gegen Homöopathie
Insgesamt zeigt sich: Der Sachverständigenrat fungiert hier nicht nur als technischer Berater, sondern als Agenda-Setter für politisch unangenehme Entscheidungen, und Politiker wie Frei nutzen dieses Framing, um ihre Botschaften vorzubereiten. Wer die Debatte um Homöopathie in der Gesundheitsversorgung politisch begleiten will, sollte diese Dynamiken im Blick behalten.
📌 Was jetzt wichtig wird
Aufmerksam bleiben
Die Aussagen von Schnitzer und Frei sind kein Gesetz. Aber sie setzen den Rahmen. Wer die Entwicklung versteht, reagiert früher.
Fakten parat haben
Kostenanteile, Nutzung, Rolle in der Versorgung. Je nüchterner und sachlicher argumentiert wird, desto schwerer greift das „Symbol Sparposten Homöopathie“.
Früh Gespräche suchen
Gesundheitspolitiker, Verbände, Patientenvertreter. Die entscheidenden Diskussionen laufen oft, bevor ein Gesetz überhaupt erscheint.
Narrativ nicht anderen überlassen
Wenn Homöopathie nur als „unnötige Leistung“ verhandelt wird, ist der Ausgang absehbar. Wer Nutzen, Alltagserfahrungen und Akzeptanz sichtbar macht, verschiebt die Perspektive.
Signale dokumentieren
Wer festhält, was wann gesagt wurde, kann Entwicklungen später belegen – und glaubwürdig einordnen.
Ich habe die Bundesregierung am 25.12. um 23 Uhr via Twitter/X hingewiesen, dass ihr Tun nicht unbeobachtet bleibt:
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Ihr
Christian J. Becker
Gesundheitsjournalist, Blogger
Aktiv für die Homöopathie seit 2018
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