homöopathie

Partei der Grünen bedankt sich bei Natalie Grams – und zeigt, wie eng die Partei mit der Anti-Homöopathie-Lobby kooperiert / Analyse der Folgen für die Homöopathie

Der Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen hatte am 28. November 2025 beschlossen, die Erstattung homöopathischer Leistungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung zu beenden und den Arzneimittelstatus der Homöopathie abzuschafffen. Über den Beschluss selbst habe ich bereits berichtet und eingeordnet.

Spannend wurde es ein paar Tage später.

Am 3. Dezember veröffentlichte das parteiinterne grüne Netzwerk „Grünes Netzwerk Evidenzbasierte Politik“ auf seiner Website eine Stellungnahme zum Parteitagsbeschluss (Link https://evidenzbasierte-politik.de/2025/12/03/mehr-evidenz-weniger-esoterik-gruener-parteitag-lehnt-homoeopathie-erstattung-ab/) mit dem Titel „Mehr Evidenz, weniger Esoterik“. Dem Netzwerk gehört laut dessen Website (Link https://evidenzbasierte-politik.de/wer-wir-sind/) beispielsweise eine stv. Bürgermeisterin sowie Bundestagsabgeordnete, Landesvorsitzende der Grünen und ehemalige Ministerin etc. an. Es ist also ein Struktur in der Partei, die in die Führungsebenen eindringt.  In der Stellungnahme heißt es sinngemäß, der Beschluss sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr wissenschaftlicher Orientierung. Die Grünen betonen, dass die Ausgaben der GKV für Homöopathie zu hinterfragen seien. Und dann folgt ein Satz, der viel aussagt:

„Ein besonderer Dank gilt Dr. Natalie Grams, deren jahrelanges Engagement entscheidend dazu beigetragen hat, die fehlende Evidenz der Homöopathie sichtbar zu machen.“

Wer Natalie Grams kennt, weiß: Sie war über Jahre eine zentrale Figur der Anti-Homöopathie-Lobby, unter anderem im Informationsnetzwerk Homöopathie. Genau dieses Netzwerk war immer wieder als Kampagnen-Zentrale gegen die Homöopathie eingestuft.

Dass ein offizielles grünes Parteinetzwerk ihr öffentlich dankt, ist mehr als eine nette Geste. Es ist ein Signal:
Die Grünen bestätigen damit, dass sie mit genau diesen Anti-Homöopathie-Lobby-Strukturen eng zusammenarbeiten bzw. zusammengearbeitet haben.


Ich habe vor dieser Allianz früh gewarnt

Ich habe vor dieser Allianz früh gewarnt – und nicht, weil ich mich gern als Warner positioniere. Sondern weil sich hier eine Entwicklung zeigt, die größer ist als einzelne Parteien und größer als jede einzelne Organisation in der Homöopathie.

Man sieht, wie Anti-Homöopathie-Akteure aus Politik, Medien und Lobbystrukturen über Jahre hinweg Narrative aufgebaut haben. Diese Narrative wirken. Sie werden von Parteien aufgenommen, weitergetragen, in Anträge gegossen und irgendwann zu politischer Praxis.

Das ist kein „Missverständnis“ mehr. Es ist eine strategische Linie.

Der Watchblog hat deshalb immer zwei Aufgaben versucht zu verbinden: informieren und wachrütteln und – wenn nötig – Aktivitäten auf den Weg zu bringen, wie bei Böhmermann.
Nicht gegen jemanden. Sondern, damit Ärztinnen, Heilpraktiker, Patientinnen und auch Verbände sehen können, wie früh Weichen gestellt werden – oft lange vor konkreten Gesetzen.

Viele in der Homöopathie-Gemeinschaft sehen diese Entwicklung ähnlich – wichtig ist, dass wir nicht nur analysieren, sondern aktiv werden.

Und genau deshalb ist Öffentlichkeit so wichtig.

Denn wenn politische Prozesse, Beschlüsse und Netzwerke transparent werden, verändert sich etwas: Verantwortung verteilt sich. Es entsteht Druck, Stellung zu beziehen. Und es wächst die Chance, dass Homöopathie nicht nur defensiv reagiert, sondern aktiv ihre Position erklärt.

Im Watchblog habe ich wiederholt seit Jahren hingewiesen, dass eine politische Annäherung der Grünen an die Anti-Homöopathie-Akteure Folgen haben wird.
Nicht nur in der Erstattung. Sondern in der gesamten öffentlichen Debatte. Ich warne seit Jahren vor einem Dammbruch.

Und genau das erleben wir jetzt.

Ich habe außerdem prognostiziert, dass Medien und andere Parteien auf den Zug aufspringen würden, sobald die Grünen vorlegen.
Heute sehen wir:

• Formate wie Böhmermann greifen das Thema zugespitzt auf
• große Gesundheitsmedien wie die Apotheken Umschau verstärken die Linie
• politische Akteure von SPD über Linke bis hin zur CDU (Link) positionieren sich zunehmend ähnlich

Genau diese Dynamik war absehbar. Sie war keine Überraschung. Sie war eine strategische Folge.

Ich sage das seit Jahren:
Homöopathie-Verbände und Verbände der Hersteller wie Pharma Deutschland und BPI dürfen sich nicht nur defensiv verhalten und nur mit internen Maßnahmen oder wirkungslosen Pressemitteilungen ihre Mitglieder bei der Stange halten. Sie hätten längst auch extern aktiv und wirkungsvoll werden müssen.

Die Leser des Homoeopathiewatchblog haben den Verbänden gezeigt, wie wirkungsvolle Kommunikation geht. Mit 742 Programmbeschwerden ans ZDF haben sie es geschafft, die Sendung von Jan Böhmermann auszubremsen und um eine Woche zu verschieben (was Böhmermann auf Instagram bestätigte). Das gab es in der Geschichte der Sendung noch nie.

Auch bei dem Thema Böhmermann waren die genannten Verbände völlig abgetaucht und irrelevant.

Die Homöopathie braucht professionelle Kommunikation mit PR und politischer Kommunikation, klare Strategien mit Argumenten und Gegenargumenten, Präsenz in Politik und Medien und Sozialen Medien und eigene Netzwerke. Und eine starke Stimme.

Wer diese Felder anderen überlässt, der erlebt irgendwann genau das, was wir jetzt sehen.

Was bleibt

Der Beschluss der Grünen vom 28. November ist die eine Ebene.
Die öffentliche Dankes-Adresse des Netzwerks am 3. Dezember ist die andere.

Sie macht sichtbar, wie eng die Wege zwischen Partei und Anti-Homöopathie-Strukturen inzwischen verlaufen. Und sie bestätigt ausgerechnet jene Entwicklungen, vor denen hier seit Jahren gewarnt wird.

Das ist kein Grund für Resignation.
Aber ein Grund, die eigene Strategie und die Strukturen ernsthaft zu prüfen.

Daher habe ich zusammen mit den Lesern des Watchblog sowie weiteren Partnern die Mitmachkampagne 2026 #rettedeinehomöopathie gestartet (Link). Und ich habe homöopathischen Verbände, Hersteller etc. eingeladen, sich zu beteiligen.

 


Ansonsten wird es so kommen, wie ich
im Dossier „Homöopathie ohne Arzneimittelstatus“ beschrieben habe (Link).
Hier eine Zusammenfassung des 18-seitigen Dossiers:

Was wirklich auf dem Spiel steht: Die möglichen Folgen, wenn Homöopathie ihren Arzneimittelstatus verliert

Ein Szenario wird plötzlich real

Seit dem Kurswechsel der CDU über Weihnachten gegen Homöopathie ist ein Szenario real geworden, das vor wenigen Monaten noch theoretisch klang: Homöopathische Mittel könnten in Deutschland ihren Arzneimittelstatus verlieren. Seit dem Umfallen der CDU gibt es im Bundestag nun eine Allparteien-Koalition aus CDU, SPD, Grünen und Linke gegen die Homöopathie, die zusammen eine Stimmenmehrheit von 75% hat. Wer das nur als „Regelungsthema“ abtut, unterschätzt die Tragweite. Es geht nicht um Etiketten, sondern um die Frage, ob Homöopathie als regulierte Therapieform im Gesundheitswesen noch einen Platz hat.

Wenn der Rahmen für Ärzte und Heilpraktiker wegbricht

Wenn homöopathische Präparate rechtlich keine Arzneimittel mehr sind, bricht das Gerüst weg, das diese Therapie heute trägt. Für Ärzte und Heilpraktiker bedeutet das: Sie dürften zwar formal weiter nach homöopathischen Prinzipien arbeiten, geraten aber in eine rechtliche Grauzone. Der Einsatz von Präparaten, die nicht mehr als Arzneimittel gelten, löst mehr Dokumentationspflichten, mehr Rechtfertigungsdruck und höhere Haftungsrisiken aus. Versicherer reagieren in solchen Situationen erfahrungsgemäß vorsichtig. Damit verlieren Behandler Schritt für Schritt Therapieoptionen, die bislang eingebettet und abgesichert waren.

Patienten zwischen Importen und Graubereichen

Auch Patientinnen und Patienten sind betroffen. Die verbreitete Idee „Dann bestelle ich eben im Ausland“ wirkt beruhigend, ist aber nur begrenzt realistisch. Importwege lassen sich politisch steuern und beschränken. Gleichzeitig schwächt sich das Schutzsystem, das Apotheken, Dokumentation und Rückrufmöglichkeiten heute bieten. Wer Homöopathika künftig über Graumärkte und Versandwege beschafft, steht im Ernstfall schneller alleine da.

Apotheken verlieren ihre Rolle

Für Apotheken wäre der Verlust des Arzneimittelstatus ein Einschnitt. Sie verlieren ihre Rolle als qualifizierte Schnittstelle zwischen Hersteller, Behandler und Patient. Beratungspflichten, Dokumentation, Individualrezepturen – all das wird rechtlich wackliger oder entfällt. Was bleibt, ist weniger Kontrolle und mehr Unsicherheit entlang der gesamten Versorgungskette.

Hersteller und die trügerische Ausweichstrategie

Hersteller stehen ebenfalls vor einer Illusion. Die oft genannte Ausweichstrategie „Dann machen wir eben Nahrungsergänzungsmittel“ scheitert meist an den Spielregeln des Lebensmittelrechts: Keine Heilversprechen, strenge EFSA-Prüfung bei Gesundheitsangaben, kaum Raum für homöopathische Logik. Auch der Plan, verstärkt über ausländische Versandapotheken zu liefern, trägt nur kurzfristig. Sobald klar wird, dass auf diesem Weg gezielt nationale Regeln umgangen werden, ziehen Behörden nach.

Ein stilles Zurückdrängen statt eines offenen Verbots

Unterm Strich entsteht kein lautes Verbot, sondern ein stiller Systemwechsel: weniger rechtssichere Therapie, mehr Graubereich, dünnere Versorgungsstrukturen, zurückgehende Investitionen und eine schleichende Marginalisierung. Homöopathie wäre formal nicht verboten, praktisch aber aus großen Teilen der regulierten Versorgung herausgedrängt. Ärzte und Heilpraktiker verlieren damit schrittweise therapeutische Möglichkeiten, die sie bisher verantwortbar einsetzen konnten. 30 Millionen Patienten verlieren erst ihre Therapeutika und dann ihre Therapeuten.

Jetzt ist der Moment, wach zu werden

Deshalb ist jetzt der Moment, aufmerksam zu werden, Fragen zu stellen und die Debatte nicht anderen zu überlassen. Wenn dieser Prozess einmal gesetzlich fixiert ist, lässt er sich kaum zurückdrehen. Die Homöopathie braucht jetzt Sachlichkeit, Öffentlichkeit – und eine klare Stimme.


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Ihr
Christian J. Becker
Gesundheitsjournalist, Blogger

Aktiv für die Homöopathie seit 2018
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