Am 20. Juli haben die Delegierten der Ärztekammer Baden-Württemberg beschlossen, dass die Zusatzbezeichnung und Weiterbildung Homöopathie abgeschafft wird. Was zunächst nur nach einem formalen Akt klingt, hat für die Homöopathie weitreichende Folgen. Darüber sprach ich unmittelbar nach der Kammer-Entscheidung mit einem Arzt für Homöopathie, der selbst Ärzte für Homöopathie im Rahmen der Zusatzbezeichnung ausbildet: Dr. Stefan Wildfang aus Freiburg. Der in einer Praxisgemeinschaft niedergelassene Allgemeinmediziner, Arzt für Homöopathie (und Chiropraktik) ist seit 2009 auch ein verantwortlicher Leiter des „Dozententeam Freiburg Homöopathie“ für die ärztliche Weiterbildung zur Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ in Freiburg.
Christian J. Becker: Wie bewerten Sie als praktizierender Arzt die Entscheidung der Ärztekammer mit Blick auf die Patienten und auf sich selbst als Arzt für Homöopathie?
Dr. Stefan Wildfang: Der letzte Samstag war bitter für alle homöopathisch arbeitenden Ärzt*innen und für unzählige meist chronisch kranke Patient*innen. Aber paradoxerweise verlor auch die Medizin insgesamt.
Warum?
Bekanntlich geht es ja bei unserem ärztlichen Tun um Übernahme von therapeutischer Verantwortung. Die Wahl der dann anzuwendenden Methode ist das Ergebnis einer individuellen Abwägung, wie im Einzelfall dieser Verantwortungsaspekt bestmöglich umgesetzt werden kann: homöopathisch oder aber eben – zunächst – nicht.
In Zeiten, in denen die Medizin aufgrund vielschichtiger und komplexer, meist chronischer Erkrankungen nicht selten an ihre therapeutischen Limite gerät, wird eine verantwortliche ärztliche Therapievielfalt zunehmend unverzichtbar, therapeutische Netzwerke und komplementäres Zusammenarbeiten sind für die erkrankten Menschen – aber auch für uns Ärzt*innen – oft eine unschätzbare Hilfe. In diesem therapeutischen Bereich haben wir Homöopath*innen sinnvollerweise unseren Platz.
Würde zukünftig die ärztliche Homöopathie diesen Platz verlieren bliebe erwartbar die Nachfrage nach homöopathischer Behandlung bestehen, würde dann aber zunehmend von nicht-ärztlichen Homöopath*innen übernommen; womöglich ohne professionell-medizinische Grundlagen und ohne einheitliche Kriterien für die homöopathische Ausbildung ein unsichereres Unterfangen.
Und das erscheint mir, neben den bitteren Konsequenzen für uns und unsere Patient*innen, die für die Medizin paradoxe Konsequenz der Abschaffung der Zusatzbezeichnung zu sein: die Homöopathie als zuverlässiger komplementärer Therapiebaustein geht verloren, bleibt ansonsten aber erhalten – vielleicht nur unüberschaubarer.
Christian J. Becker: Welche Auswirkung wird die Abschaffung der Zusatzbezeichnung Homöopathie durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg am 20.7.2024 für Sie als Arzt für Homöopathie in BW haben?
Dr. Stefan Wildfang: Zunächst möchte ich diese Stelle dafür nutzen, mich bei all denen zu bedanken, die sich auf verschiedensten Ebenen engagiert und für einen anderen Ausgang der Abstimmung gekämpft haben. Vielen Dank!
Für mein homöopathisches Arbeiten und meine Patient*innen erwarte ich kurzfristig keine wesentlichen Veränderungen, da ich seit Anbeginn meiner Praxistätigkeit vor 28 Jahren auf Basis der GOÄ abrechne. Gleichzeitig erscheint mir jedoch die Gefahr groß, dass die Entscheidungen gegen die Homöopathie in der letzten Zeit unsere Verhandlungspositionen gegenüber den Krankenkassen aber auch bei der Neugestaltung der GOÄ schwächen werden. Da haben wir eine große gemeinsame Verantwortung, da sitzen wir medizinpolitisch alle in einem Boot.
Christian J. Becker: Welche Folgen wird die Abschaffung der Zusatzbezeichnung Homöopathie in BW aus Ihrer Sicht für die ärztliche Homöopathie und deren Nachwuchs in Deutschland haben?
Dr. Stefan Wildfang: Wir alle, die in der Ausbildung engagiert sind, haben an den fallenden Teilnehmerzahlen der letzten Jahre ablesen können, wie massiv das permanente Homöopathie-Bashing viele Kolleg*innen verunsichert hat. Wenn jetzt mit der Abschaffung der Zusatzbezeichnung die existenzielle Sicherheit noch weiter in Frage gestellt wird, wird es noch schwerer, diesen Trend umzukehren.
Ohne Nachwuchs keine Zukunft – das ist leider so sicher … wie es auch trivial ist.
Vielleicht gelingt uns homöopathische Zukunft, wenn wir versuchen, möglichst allen Interessent*innen eine Ausbildung zu ermöglichen – egal wie klein die Gruppen sein mögen. In Freiburg wollen wir das versuchen.
Wir lassen uns das nicht verbieten. Hallo, was erlauben sich da bestimmte Interessensgruppen!!
Wir sind mit dem Beschluss nicht einverstanden , wir erlauben es Ihnen nicht und werden weitermachen. Das geht ins Energiefeld. Genauso könnten sie dem Wind verbieten, zu wehen.
Da gibt es kein Verhandeln auf Augenhöhe.
Klagen bringt keinen Fortschritt