Das Streichen der Homöopathie-Zusatzbezeichnung für Ärzte durch die Ärztekammer Baden-Württemberg am 20. Juli legt wieder einmal die Schwäche der ärztlichen Homöopathie in Sachen PR und politischer Kommunikation schonungslos offen. Wie man es besser macht, haben Anthroposophen und Heilpraktiker in den letzten Monaten und Jahren gezeigt. Hier mein Blick auf und mein Kommentar zu den Zusammenhängen, z.B. den vier Angriffspunkten der Homöopathie.
Nachdem die Landesärztekammer Baden-Württemberg am 20. Juli die Weiterbildung Homöopathie für Ärzte gestrichen hat, bemühte sich der Kammerpräsident um eine kommunikative Relativierung, um die Ärzte für Homöopathie ruhig zu stellen, die immerhin Zwangsbeiträge an die Kammer bezahlen. Das Streichen hätte aus der Sicht der Kammer kaum Auswirkungen, da die Ärzte mit Weiterbildung weitermachen könnten wie bisher.
Ebenfalls seine Ärzte für Homöopathie ruhig stellen möchte der Arztverein DZVHAE seit Jahren. Seitdem Bremen 2019 als erste Kammer die Zusatzbezeichnung Homöopathie abgeschafft hat, beharrt der ZV-Vorstand darauf, dass sich für die Ärzte kaum etwas ändere, da sie weiterhin mit den Kassen abrechnen könnten, wenn sie die Fortbildung des DZVAE absolviert (und bezahlt) haben. Auch nach der Kammerentscheidung in Baden-Württemberg twitterte der DZVAE-Vorstand am 26. Juli in gleich drei Tweets: „Fortbilden! Wir erklären euch die 5 Schritte zum ärztlichen #Homöopathie-Diplom. Eine praxisorientierte Ausbildung, die von den Krankenkassen anerkannt ist.“ Und in einer Pressemitteilung vom Juli wird der ZV-Vorstand noch deutlicher, worum es ihm nach der Kammer-Entscheidung geht: „Das Ergebnis hat aber nicht zur Folge, dass die Homöopathie nicht mehr abrechenbar in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.“ Offenbar relativiert der Vorstand des DZVAE die Bedeutung der Abschaffung der Zusatzbezeichnung durch die Kammern, um die eigene Vereins-Fortbildung zu verkaufen.
Fairerweise muss man sagen, dass der ZV-Vorstand mit seiner Meinung im Verband alleine steht, wie die massive Kritik des Berliner Landesverbandes am ZV-Vorstand wegen dessen Nicht-Aktivität auf der letzten Mitgliederversammlung gezeigt hat.
Doch die Arzt-Realität wird anders aussehen als Kammer und DZVAE propagieren, wie 100 Ärzte in einem offenen Brief (Link) und auch die Ärzte für Homöopathie betonen (Link zu Interviews Lehrke, Wildfang, Wieland), die ich vor und nach der Entscheidung der Kammer um eine Einschätzung gebeten habe. Die Auswirkungen der Kammerentscheidung werden massiv sein und historisch im Nachhinein als Wendepunkt für die ärztlichen Homöopathen bewertet werden.
Das Ärzteportal Doccheck bringt es aus meiner Sicht mit seiner Überschrift zur Kammerentscheidung auf den Punkt:
Das Homöopathen-Verbot kommt,
so betitelt Doccheck (Link) seinen wie immer Homöopathie-kritischen Artikel.
Hier mein Blick auf und mein Kommentar zu den Zusammenhängen:
Warum es wichtig ist: Vier Angriffspunkte gegen die Homöopathie
Es lassen sich vier Angriffspunkte erkennen, mit denen Politik, Arztorganisationen der Schulmedizin, Skeptiker-Lobby und Medien seit Jahren versuchen, der Homöopathie und Komplementärmedizin zu schaden:
A. die Stellung der ärztlichen Homöopathen,
B. die Verankerung der Homöopathie,
C. das Vertrauen der Patienten,
D. die Stellung der Heilpraktiker.
Bei zwei von vier Punkten ist die Situation derzeit relativ entspannt (Homöopathie, Patienten), beim dritten (ärztl. Homöopathen) jedoch schwierig und bei einem Punkt je nach politischer Richtung mehr oder weniger angespannt (Heilpraktiker).
- Stellung der ärztlichen Homöopathen: Die Kammer Baden-Württemberg hat sich für ein Verbot der Homöopathen entschieden und wird dies – leider – auch durchsetzen. Den Ärzten bleibt der Klageweg. Mehrere Klagen von Ärzten mit absolvierter Zusatzbezeichnung sind bereits gescheitert, was zu erwarten war. Eine Chance für eine Klage bestände darin, dass ein Arzt noch ohne Zusatzbezeichnung aber mit Weiterbildungsplanung den Klageweg beschreitet, da für ihn die Kammerentscheidung einem Berufsverbot gleichkommt. Die Beschlüsse des Ärztetages im Juni (Verbot der Weiterbildung, Verbot der GOÄ-Abrechnung, Verbot der Apothekenpflicht etc.) werden die Position der Ärzte weiter schwächen, wenn sich die Ärztetags-Haltung durchsetzt.Gleichzeitig ist es wichtig, aus dem Scheitern der Zusatzbezeichnung einerseits und dem Erfolg der Homöopathie-Petition andererseits für die Zukunft zu lernen. Die Homöopathie wurde u.a. durch die Bundestags-Petition nur gerettet, weil die anthroposophischen Ärzteverbände unter dem Dach des Bündnisses Weils hilft sie sie initiierten und mit professioneller PR, Social Media-Arbeit, Ärztekommunikation, Politikkommunikation, Direktmarketing auch die Communitys von Homöopathie und Anthroposophie und Kneipp aktivieren konnten. Und auch weil sich viele Einzelinitiativen für die Homöopathie einsetzen, die zusammen Wirkung erzielen konnten. Dazu gehören aktive Ärzte, Patienten, Heilpraktiker, Blogs usw.
- Verankerung der Homöopathie: Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich an einem Verbot der Homöopathie als Kassenleistung versucht (mit der Streichung im GSVG-Gesetz) und ist vorerst – glücklicherweise – gescheitert. Mein Tipp: Er wird es mit Tricks weiter versuchen, z.B. über den Gemeinsamen Bundesausschuss.
- Vertrauen der Patienten: Anti-Homöopathie-Lobby mit ihrer Skeptiker-Truppe, Medien und Politik versuchen seit Jahren, das Vertrauen der Patienten zu erschüttern. Glücklicherweise vertrauen Patienten weiter in Homöopathie, wie alle Umfragen der letzten Jahre zeigen.
- Stellung der Heilpraktiker
Die Heilpraktiker haben den Vorteil, dass einige ihrer Verbände und Organisationen mutig, aktiv und politisch wirksam sind. Damit haben sie eine Chance gegen Angriffe von Skeptikern, Politik und Medien.
Hier drei Beispiele:
– Das Forschungsprojekt „Behandlung von Impffolgen mit Homöopathie durch Heilpraktiker“ von der Schweizerischen Heilpraktiker-Stiftung Dr. B.K. Bose-Stiftung (Link)
– Die Aktivitäten des HP-Verbandes Fachverband Deutscher Heilpraktiker (FDH) und des DDH gegen Verunglimpfungen des HP-Berufes durch die Politik (Link).
– Die Rettung der Laborleistungen für Heilpraktiker durch erfolgreiche politische Kommunikation des FDH (Link im Heilpraktiker-Newsblog).
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