„Es wäre ein fatales Signal der Ärztekammer, die Zusatzbezeichnung abzuschaffen, vertrauen doch viele Patienten auf die Homöopathie“: Mit diesem Appell richtet sich der Arzt für Homöopathie, Dr. med. Philipp Lehrke, im Homoeopathiewatchblog an die Delegierten der Kammer Baden-Württembergs. Lehrke ist als praktizierender Arzt für Homöopathie und Vater doppelt von der Kammerentscheidung betroffen. Sein Sohn möchte Medizin studieren und kann nach einem Verbot der Homöopathie-Ausbildung in Baden-Württemberg kein Homöopath mehr werden, was einem Berufsverbot durch die Kammer gleichkäme.
Die Kammer-Delegierten entscheiden am Samstag, 20. April, zum zweiten Mal über die Homöopathie-Weiterbildung. Bei der ersten Entscheidung im Jahr 2022 hatte sich eine Mehrheit gegen die Homöopathie ausgesprochen. Es folgte ein zweijähriges Verfahren, in das sich der Sozialminister des Landes, Manfred Lucha einschaltete und für die Homöopathie einsetzte. Aufgrund europäischer Vorgaben musste die Kammer ein zweistufiges Beteiligungsverfahren durchlaufen, in dem sie Stellungnahmen von Patienten und Therapeuten einholte, wie sie zur Abschaffung stehen. Auch im Homoeopathiewatchblog hatte ich dazu aufgerufen, sich gegenüber der Kammer zu äußern (Link). Hier das Beispiel einer Heilpraktikerin, die sich bei der Kammer für die Homöopathie eingesetzt hat (Link).
Das Ergebnis des Kammer-Beteiligungsverfahrens ist eindeutig und sollte die Kammer eigentlich davon abhalten, die Homöopathie zu streichen: 1.600 Patienten, Ärzte und Heilpraktiker haben sich schriftlich an die Kammer gewandt. 90 Prozent der Briefe sprachen sich für den Erhalt der Homöopathie-Weiterbildung aus.
Als einen Betroffenen der möglichen Streichung habe ich Dr. med. Philipp Lehrke aus Freiburg befragt. Seine Vita spricht Bände: Homöopathischer Arzt, Psychotherapie. Ärztliche Weiterbildungsermächtigung für Homöopathie, Ausbilder für den Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte. Arzt für Homöopathie an der Clinica Santa Croce 2007-2010. Publikationen und regelmäßige Vorträge zur Behandlung von schwerkranken Patienten. Bekannt ist er auch als Hauptautor des Buches „Adjuvante Homöopathie in der Onkologie“.
Ich habe Dr. Lehrke zur bevorstehenden Entscheidung seiner Kammer befragt:
Christian J. Becker: Welche Hoffnungen haben Sie als Arzt für Homöopathie mit Blick auf den 20. Juli und die Entscheidung der Ärztekammer?
Dr. med. Philipp Lehrke: Als Arzt für Homöopathie habe ich die Hoffnung und Erwartung, dass die Zusatzbezeichnung Homöopathie in Baden-Württemberg weiter bestehen bleibt. Es wäre ein fatales Signal der Ärztekammer, die Zusatzbezeichnung abzuschaffen, vertrauen doch viele Patienten auf die Homöopathie.
Die Homöopathie würde aus der ärztlichen Hand gegeben und gerade bei schweren und komplexen Krankheiten ist es wichtig, aus ärztlicher und homöopathischer Sicht Stellung beziehen und fachgerecht behandeln zu können, um das beste Ergebnis für den Patienten zu erreichen. Ich vermute jedoch, dass die Zusatzbezeichnung Homöopathie auch in Baden-Württemberg fallen wird.
Mein Sohn möchte Medizin studieren und Homöopathie lernen, das kann er in Deutschland dann nicht mehr.
Christian J. Becker: Wie bewerten Sie als Arzt die Diskrepanz zwischen der negativen Einstellung der Ärztekammer zu Homöopathie und den 90 Prozent Fürsprechern beim Beteiligungsverfahren?
Dr. med. Philipp Lehrke: Ich bin der Meinung, dass der Homöopathie Lobbyverbände schon lange entgegen wirken. Die Ärztekammer hat die Aufgabe, auch die Interessen der homöopathischen Ärzte, wir homöopathischen Ärzte sind immerhin auch zahlende Mitglieder der Ärztekammer, zu vertreten und zu berücksichtigen. Durch die hohe Zahl an positiven Rückmeldungen im Rahmen des Einspruchsverfahren kommt das deutlich zur Geltung.
Auch der Arzt für Homöopathie Frank Wieland, ebenfalls aus Freiburg, appelliert an die Ärztekammer. Hier das Interview mit ihm. Weiterlesen ….