Samuel Hahnemann war als Begründer der Homöopathie nicht nur ein medizinisches Genie. Er war auch für seine Zeit ein Profi in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschafts-PR. Denn er erkannte früh, dass seine Homöopathie nur dann lange überleben würde, wenn er seine Ideen, sein Wissen und seine Erfahrungen in Büchern niederschrieb und verbreitete. Ihm war klar, dass nur so viele Menschen den Nutzen der Homöopathie erst lesen und dann erfahren können. So trägt seine Idee, sein Wissen aufzuschreiben, auch heute noch dazu bei, dass die Homöopathie trotz aller Anti-Lobbys, Natalies, Karls und Ärztetage überlebt. Diese Idee Hahnemanns haben viele Homöopathen nach ihm aufgegriffen und ihr Wissen aufgeschrieben.
Damit dieses Wissen nicht nur erhalten bleibt, sondern auch für Therapeuten und Patienten zugänglich ist, kommt der heutige Interview-Gast des Homoeopathiewatchblog, Reinhard Rosé, ins Spiel.
Reinhard Rosé hat als Geschäftsführer des „Hahnemann Institut für homöopathische Dokumentation“ über Jahrzehnte eine beachtliche Sammlung homöopathischer Literatur (sowohl für Fachleute als auch für Patienten) aufgebaut. Seit der Schließung des Hahnemann Instituts vor zwei Jahren führt er das Projekt in anderer Form fort und bietet etwas Außergewöhnliches an. Er hat begonnen, die digitale Homöopathie-Bibliothek „Homöopathie Edition Digital“ mit historischen und neuen Werken der Homöopathie aufzubauen. Diese Werke mit insgesamt 14.500 Seiten bietet er als E-Books im Internet zum Download an – kostenlos.
So nutzt Reinhard Rosé die moderne Technik, um gesammeltes Wissen der Homöopathie für alle zugänglich zu machen.
Ich habe mit ihm über seine digitale Homöopathie-Bibliothek gesprochen, um den Lesern des Homoeopathiewatchblog das Projekt näher zu bringen – und vielleicht die eine oder den anderen anzuregen, sich ein Buch der Homöopathie herunterzuladen (kostenlos) und auf dem Tablet, Handy oder Computer zu lesen, zu studieren oder eventuell in die tägliche homöopathische Tätigkeit einzubinden.
Samuel Hahnemann würde sich sicher darüber freuen, dass sein Wissen und das seiner nachfolgenden Kollegen auch in der Moderne mit modernen Mitteln genutzt wird.
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In Kürze das Wichtigste zur Homöopathie-Bibliothek:
- Kostenloser Zugang zur Bibliothek „Homöopathie Edition Digital“
über hahnemann.de oder https://archive.org/details/@hihd - Ärzte und Heilpraktiker, die Homöopathie praktizieren, finden in der digitalen Bibliothek einen sehr guten Grundbestand an Literatur für ihre homöopathische Tätigkeit
- Auch für Patienten gibt es hilfreiche Werke (z.B. Erste Hilfe durch Homöopathie – praktisch zum Immerdabeihaben auf dem Handy)
- Aktuell umfasst die Bibliothek 14.500 Seiten – und sie soll weiter wachsen
- Direkt zu einzelnen Werken der Bibliothek kommen Sie über diese Linkliste (PDF)
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Christian Becker: Bitte stellen Sie Ihr Bibliotheks-Projekt „Homöopathie Edition Digital“ für die Leser des Homoeopathiewatchblog kurz vor und erläutern Sie Ihre Motivation dazu. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, auch das historische Wissen um Homöopathie zu sammeln und zu verbreiten?
Reinhard Rosé: Homöopathisches Wissen wurde in verschiedenen Bibliotheken zusammengetragen, ist aber oftmals für die Allgemeinheit nicht oder nicht einfach zugänglich. Auf den Webseiten bekannter Bibliotheken kann man zwar Online Katalogbestände abrufen, Literatur vor Ort und teilweise über Fernleihe ausleihen (siehe https://www.homoeopathie-bibliothek.de/nutzungsregeln/ oder https://www.igm-bosch.de/die-bibliothek.html ), aber nicht als digitale Ausgabe auf dem eigenen PC oder mobilen Gerät nutzen.
Das »Institut für Geschichte der Medizin« (IGM) der Robert-Bosch-Stiftung ( https://www.igm-bosch.de/die-bibliothek.html ) beherbergt die weltweit größte Bibliothek zur Geschichte der Medizin. Davon gehören ca. 12.000 Bände zum Bereich der Homöopathie und ist weltweit sicher einzigartig. Der Bestand beinhaltet u.a. die gesamte Geschichte seit Hahnemann.
Die »Europäische Bibliothek für Homöopathie« in Köthen ( https://www.homoeopathie-bibliothek.de/ ) verwaltet ca. 2.600 Bände homöopathische Literatur.
Die Entwicklung der Homöopathie seit Hahnemann bis heute zu dokumentieren und für die Nachwelt zu bewahren, ist eine wichtige Aufgabe. Die Erfahrungen der »alten« Homöopathen finden sich vielen Werken wieder und sind inzwischen gemeinfrei nutzbar. Dieses Wissen ist vornehmlich in Bibliotheken oder privaten Sammlungen archiviert. Diese Sammlungen der Allgemeinheit in digitaler Form zugänglich zu machen, ist eine Mammutaufgabe. »Google Books« hat als Vorreiter der Digitalisierung auch alte Werke homöopathischer Meister gescannt. ( https://books.google.de/ ).
Das Hahnemann Institut hat im Lauf von drei Jahrzehnten ebenfalls eine Bibliothek (ca. 1.800 Bände) zusammengetragen, u.a. Originale von Hahnemann, Hering, Stapf, Sammlungen verschiedener homöopathischer Zeitschriften, etc. Erwähnenswert ist die vollständige Sammlung der »Allgemeinen Homöopathischen Zeitung (AHZ)« von 1832 bis einschließlich 2018 (168 Bände). Ein Projekt des Instituts war u.a. die Digitalisierung der Arzneimittelprüfungen, die in der AHZ veröffentlicht wurden. Einige dieser Prüfungen findet man bereits auf »Homöopathie Edition Digital«. Weitere werden nach und nach folgen. Die Bibliothek des Instituts wurde 2021 von der »Constantin Hering Stiftung« übernommen.
Ergebnisse der verschiedenen Aufgabenbereiche des Hahnemann Instituts (Quellenforschung, Digitalisierung alter Quellen, Verlag) wurden als Repertorien (z.B. Repertorium Synthesis) oder Materiae medicae (z.B. Der Neue Clarke) sowohl in haptischer Form (Buch) als auch als digitale Version (E-Book) oder App (Synthesis App) publiziert.
Durch die Abwicklung des Instituts stellte sich die Frage »Wie können die publizierten E-Books für Therapeuten und Laien erhalten bleiben?«
Die Idee von »Homöopathie Edition Digital« ( https://archive.org/details/@hihd ) ist es, ein stetig erweitertes digitales Archiv homöopathischer Literatur einzurichten, das sowohl Therapeuten als auch Patienten bzw. Laien kostenfrei und barrierefrei für die persönliche Nutzung zur Verfügung steht. Dies ist möglich, da das Hahnemann Institut sowohl gemeinfreie Quellen als auch Werke zeitgenössischer Autoren publizierte.
Zurzeit (Stand Mai 2024) umfasst »Homöopathie Edition Digital« 65 E-Books mit mehr als 14.500 Seiten homöopathischer Literatur. Dies klingt im Vergleich zu den vorgenannten Bibliotheken wenig, doch »Homöopathie Edition Digital« steht erst am Anfang und wird weiter ergänzt. Das Projekt wird von bekannten Homöopathen mit eigenen Werken unterstützt, u.a. Prof. Dr. Dr. Josef M. Schmidt, Prof. Dr. Walter Köster.
Die Bibliothek enthält E-Books von Arzneimittelbildern, Repertorien, Materiae medicae, Philosophie, Theorie, etc. Die ursprünglichen Quellen sind entweder gemeinfrei (z.B. Arzneimittelbilder aus der AHZ bis einschließlich Jahrgang 1944) oder es liegt eine Genehmigung der zeitgenössischen Autoren für die Veröffentlichung auf www.archive.org vor.
Christian Becker: Welchen Nutzen haben Therapeuten und Patienten von Ihrer Bibliothek und wie können sie diese nutzen?
Reinhard Rosé: Therapeuten finden bei »Homöopathie Edition Digital« sowohl Repertorien als auch Materiae medicae, die sie bei Ihrer homöopathischen Tätigkeit der Reperorisation und dem Aufsuchen von Arzneimittelbildern in der Materia medica unterstützen. Besonderes Interesse findet das E-Book »Bewährte Indikationen« von Prof. Dr. Mathias Dorcsi (> 1.700 Downloads). Des Weiteren ist das Repertorium »Symptomenverzeichnis« von Prof. Dr. Mathias Dorcsi (> 1.400 Downloads) sehr beliebt. Oder die »Kurzgefaßte Arzneimittellehre« von Constantin Hering (> 900 Downloads). Ärzte und Heilpraktiker, die Homöopathie praktizieren, finden in der digitalen Bibliothek einen sehr guten Grundbestand an Literatur für ihre homöopathische Tätigkeit.
Für Patienten sind bisher wenige, aber hilfreiche Werke vorhanden. Hervorzuheben ist das E-Book »Erste Hilfe durch Homöopathie« von Dr. Manuel Mateu Ratera (Spanien), der viele Jahre als Notarzt und als Begleiter von Expeditionen u.a. im Himalaya Homöopathie praktiziert und seine umfangreiche Erfahrung in einem handlichen kleinen Begleiter für den Alltag und Reisen festgehalten hat und als Buch in deutscher, englischer und spanischer Sprache verfügbar ist. Das E-Book in deutscher Sprache ist sehr hilfreich, da man es auf auch dem Smartphone immer dabei haben kann. Des Weiteren finden Patienten und Laien den »Homöopathischen Hausarzt« von Constantin Hering. Dieses Werk ist verständlich verfasst und für einfach anwendbar. Ein homöopathisches Kochbuch ergänzt den Bestand für Patienten.
Christian Becker: Welche Resonanz und Rückmeldungen haben Sie für Ihr Projekt seit der Gründung erfahren?
Reinhard Rosé: Vor Schließung des Instituts habe ich Kunden und mehrere Tausend Abonnenten unseres Newsletters über die Abwicklung des Unternehmens und die damit verbundene kostenlose Downloadmöglichkeit der E-Books über unseren Online Shop informiert. Die Resonanz war überwältigend und mit großer Dankbarkeit erfüllt. Viele Rückmeldungen an mich persönlich waren sehr bewegend und haben mich berührt. Da nach Deaktivierung des Online Shops die Downloadmöglichkeit wegfiel, habe ich begonnen, die E-Books auf der Open Access Plattform www.archive.org zu archivieren.
Christian Becker: Welche beiden Werke der Homöopathie möchten Sie besonders herausstellen – je eines für Therapeuten und ein Werk für Patienten?
Reinhard Rosé: Zwei Werke möchte ich besonders empfehlen:
Erste Hilfe durch Homöopathie (EPUB Version) https://archive.org/details/erstehilfe
Dieses Werk war über viele Jahre hinweg ein Bestseller in unserem Online Shop, sowohl als gebundenes handliches Büchlein (600 Seiten) zum Mitnehmen als auch digitale E-Book Ausgabe. Da ich die Genehmigung des Autoren Dr. Ratera erst vor einigen Wochen erhielt, ist die Anzahl der Downloads überschaubar. Das Werk ist sowohl für Therapeuten als auch für Patienten hilfreich, da man es z.B. auf dem Smartphone überall hin (z.B. auf Reisen oder in die Berge) mitnehmen kann.
Bewährte Indikationen der Homöopathie nach klinischen Gesichtspunkten (EPUB Version) https://archive.org/details/dorcsi-indikationen
von Prof. Dr. Mathias Dorcsi, dem Begründer der Wiener Schule für Homöopathie und Vorreiter der heutigen »Integrativen Medizin«. Dorcsi praktizierte und unterrichtete Homöopathie am Krankenhaus Wien-Lainz und schuf ein neuartiges Ausbildungssystem, das später als Vorlage für die Homöopathieausbildung in Deutschland diente.
Siehe https://www.dorcsi-ulrich.de/homoeopathie/Wiener-Schule-der-Homoeopathie/ Dieses Werk findet besonderes Interesse (>1700 Downloads).
Hahnemanns Organon ist in mehreren Versionen vorhanden. Interessierte können sich für die Version entscheiden, die sie bevorzugen. Für jede Version ist auf archive.org eine Kurzbeschreibung vorhanden.
a) https://archive.org/details/organon-der-heilkunst (EPUB Version) 6. Auflage, die von Richard Haehl herausgegeben wurde.
Das ist die letzte Version Hahnemanns, der sie bereits 1842 fertigstellte, die aber erst 1921 veröffentlich wurde.
b) https://archive.org/details/organon-der-heilkunst-samuel-hahnemann
(Standard Ausgabe PDF E-Book) ebenfalls die 6. Ausgabe des Organon. Ursprünglich wurde das Buch vom Haug Verlag herausgegeben.
c) https://archive.org/details/organon-der-heilkunst-textkritische-ausgabe (Textktisische Ausgabe PDF E-Book) ebenfalls die 6. Ausgabe des Organon.
Ursprünglich ebenfalls vom Haug Verlag herausgegeben. Diese Version ist mit vielen wichtigen zusätzlichen Hinweisen von Prof. Dr. Dr. Schmidt versehen und für Leser von Bedeutung, die sich für wissenschaftliche Details des Organon interessieren.
d) https://archive.org/details/organon_hilfe
In diesem E-Book geht es nicht darum, Samuel Hahnemanns Organon inhaltlich zu verändern, sondern darum, den vorhandenen Inhalt durch sprachliche Überarbeitung und Zusammenfassung leichter zugänglich zu machen. Es liegt weder eine Interpretation, eine Kommentierung, eine kritische Auseinandersetzung noch eine inhaltliche Weiterführung vor. Basis Hahnemanns 6. und damit letzte Auflage des Organon.
Aktuelle Neuzugänge sind zwei Werke von Professor Dr. Walter Köster, nämlich »Hahnemann hatte doch Recht« und »Hahnemann und C.G. Jung«. Gut geeignet für jene, die mehr zu »Samuel Hahnemann« erfahren möchten.
(Fotos/Grafiken/Buchcover: Reinhard Rosé)
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