Seit vielen Monaten gibt es bei Heilpraktikern ein wichtiges Thema: Was steht im Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht und wann wird es veröffentlicht? Soll der Beruf sogar abgeschafft werden, so eine Fragestellung des Gutachtens.
Nun gibt es Klarheit: Das Bundesministerium für Gesundheit hat das von ihm beauftragte Rechtsgutachten auf seiner Webseite veröffentlicht (Link zum Gutachten auf BMG-Seite). Auf 308 Seiten analysiert der Jurist und Gutachter Prof. Christoph Stock die bestehende Rechtslage und macht Vorschläge zum Heilpraktikerrecht.
Bisher hat keine Zeitung oder anderes Medium über das Gutachten berichtet. Sie lesen also (wieder einmal) exklusiv hier im Homoeopathiewatchblog und Heilpraktiker-Newsblog von diesem wichtigen Thema für die Alternativ- und Komplementärmedizin. Da das Thema alle 50.000 Heilpraktiker und ihre Hunderttausende Patienten betrifft, ist es wichtig, Transparenz zu schaffen und alle zu informieren – auch an Pfingsten. Insbesondere, da die Anti-Heilpraktiker-Lobby der Skeptiker-Sekte seit Freitag über das Gutachten twittert und ihre PR-Maschine gegen Heilpraktiker anwirft.
Ein wichtiges Fazit des Gutachtens auf die Frage, soll der Beruf abgeschafft werden, lautet, so der Gutachter Prof. Stock auf den Seiten 264 und 265: „Im Moment ist kein Grund erkennbar, der es aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigen könnte, den Heilpraktikerberuf abzuschaffen. … Von dem Berufsstand der Heilpraktiker*innen gehen insgesamt keine schweren, nachweisbaren oder auch nur höchstwahrscheinlichen Gefahren aus. … Das kriminelle Verhalten Einzelner kann nicht die Abschaffung eines gesamten Berufsstandes rechtfertigen, zumal sich derartige Vorkommnisse auch in anderen Heilkundeberufen ereignen. … Die Abschaffung des Heilpraktikerberufs bedeutet zugleich einen erheblichen Eingriff in die Autonomie derjenigen Personen, die die Berufstätigen aufsuchen. Diesen Patient*innen kann nicht pauschal die Absicht der Selbstschädigung unterstellt werden. Umso mehr ist ein solcher Eingriff mit Fakten zu belegen und mit dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu rechtfertigen.“
Das ist die gute Nachricht des Gutachtens. Allerdings stellt das Gutachten den Heilpraktiker-Beruf auf vielen Seiten vor besondere Herausforderungen. Das Gutachten bietet also Chancen und Risiken. Es ist nun an den Verbänden der Heilpraktiker, das Gutachten zu analysieren, Schlüsse zu ziehen, Positionen zu formulieren und den Berufsstand gemeinsam und stark gegenüber der Landes- und Bundespolitik zu vertreten. Die nächsten Monate vor und nach der Bundestagswahl werden arbeitsreich für die Verbände sein. Denn es gilt für sie, nun mit Blick auf das Rechtsgutachten die politischen Pflöcke einzuschlagen, auf denen das Haus des Heilpraktikerberufs in den nächsten Jahrzehnten sicher und fest stehen kann.
Das Gesundheitsministerium hat bisher keine Presseaktivitäten zur Veröffentlichung des Gutachtens gestartet. Es definiert nur verfahrenstechnisch in einer kurzen Begleitmeldung zum Gutachten den weiteren Fahrplan: „Mit dem Rechtsgutachten ist eine Grundlage für die weitere öffentliche und ergebnisoffene Diskussion des Heilpraktikerrechts geschaffen worden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird in einen ersten fachlichen Austausch mit den für den Vollzug des Heilpraktikergesetzes zuständigen Ländern treten, in einem weiteren Schritt werden dann die betroffenen Verbände in den Diskussionsprozess einbezogen. Das Bundesministerium für Gesundheit ist dabei bestrebt, einen transparenten Meinungsbildungsprozess zu strukturieren, in den alle betroffenen Kreise einbezogen werden.“
Nächster wichtiger Termin, bei dem das nun vorliegende Rechtsgutachten politisch eine Rolle spielen dürfte: Am 16. Juni tagt die Gesundheitsministerkonferenz digital unter Vorsitz Bayerns.
Wie ist Ihre Meinung als Heilpraktiker*in, als Patient, als Verband zum Rechtsgutachten? Teilen Sie Ihre Einschätzung mit den Leser*innen und diskutieren Sie – einfach über die Kommentarspalte unter diesem Artikel.