Wie kann man falsche Medienberichte über Heilpraktiker und Homöopathie beeinflussen? Ein Beispiel, wie das geht, zeigt dieser Artikel.
Mit zwei Methoden ist es Heilpraktiker*innen sowie Heilpraktiker-Newsblog, Homoeopathiewatchblog und anderen gelungen, mehrere Medien dazu zu bringen, falsche Überschriften über den Beruf des Heilpraktikers zu korrigieren. Und einige Medien sind sogar so fair, ihren Fehler einzugestehen. Hier ein Beispiel aus der Tageszeitung Aachener Zeitung:
Wenn Medien falsch zitieren: Sofort handeln mit schnellen und wirksamen Maßnahmen (Spoiler: nicht juristisch)
Ausgangspunkt der Geschichte sind Medienberichte vom 22.9. über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Eigenblut und Heilpraktiker (Heilpraktiker-Newsblog und Homoeopathiewatchblog berichteten). Das Gericht hatte im Juni entschieden, dass Heilpraktiker bestimmte Formen der Eigenbluttherapie nicht mehr durchführen dürfen. Drei Monate später machen viele Medien daraus die Schlagzeile: „Heilpraktiker dürfen kein Blut abnehmen“.
Daran ist zweierlei falsch:
Erstens dürfen Heilpraktiker weiterhin Blut abnehmen, z.B. für diagnostische Zwecke, Aderlässe oder homöopathische Eigenblutprodukte (ab D4). Die Überschrift der Medien ist also sachlich und rechtlich falsch.
Zum anderen ist an der Überschrift zu kritisieren, dass die Medien nicht selbst recherchiert und geschrieben haben, sondern lediglich eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa abgeschrieben und mit einer falschen Überschrift versehen haben. Denn die ursprüngliche dpa-Meldung ist sachlich korrekt und lautet: „Gericht zu Heilpraktikern: Keine Blutentnahme für Eigenblutprodukte“. Daraus haben viele Medien die bekannte, falsche Überschrift gemacht: „Heilpraktiker dürfen kein Blut abnehmen.“ (Korrektur 27.9.: die dpa hatte um 5 Uhr morgens eine anderee Überschrift herausgegeben, die sie kurze Zeit später selbst korrigiert hat zur richtigen Überschrift „Gericht zu Heilpraktikern: Keine Blutentnahme für Eigenblutprodukte“).
Zwei Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, die auch Wirkung zeigen:
Meine Meinung als Patient und Journalist: Man sollte die falsche Berichterstattung über Heilpraktiker (und auch Homöopathie) nicht so stehen lassen, sondern mit Maßnahmen aktiv werden, die sofort wirken können. Als Journalist und PR-Berater (und Blogger seit 2018 für die Themen Heilpraktiker und Homöopathie) habe ich deshalb in meinen beiden Blogs, dem Heilpraktiker-Newsblog und dem Homoeopathiewatchblog, zwei Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, an denen sich die Leser*innen der Blogs beteiligen können.
Erstens habe ich in den Blogs dazu aufgerufen, Leserbriefe an die Medien zu schreiben, die falsch berichtet haben. Leserbriefe sind eine oft unterschätzte Maßnahme, die aber viel bewirken kann. Und tatsächlich haben Leser der Blogs und andere Interessierte Leserbriefe an die Medien geschrieben. Lesen Sie hier Beispiele der Briefe von zwei Heilpraktikerinnen, die z.T. auch von Tageszeitungen veröffentlicht wurden: Link.
Zweitens habe ich in den beiden Blogs dazu aufgerufen, die sozialen Medien zu nutzen, um die Medien öffentlich auf ihren Fehler hinzuweisen und sie um Korrektur zu „bitten“. Ich selbst habe als Heilpraktiker-Newsblog und Homoeopathiewatchblog Medien öffentlich über Twitter/X öffentlich angesprochen und zur Korrektur aufgefordert. Hier ein Beispiel:
(Screenshot von Twitter/X, 22.9.):
Wie haben manche Medien reagiert? Ihre Falschmeldung korrigiert
Medien haben auf die Leserbriefe der Heilpraktiker*innen und die Aufforderung in den sozialen Medien reagiert – und zwar schnell. Zahlreiche Medien, die die dpa-Meldung übernahmen, haben ihre falsche Überschrift am gleichen Tag oder Tag danach verändert und richtig gestellt.
Hier einige ausgewählte Beispiele:
Die Ärztezeitung und das Dt. Ärzteblatt haben ihre falschen Überschriften verändert und durch eine sachlich korrekte Überschrift ersetzt.
(Beispiel Ärztezeitung, inkl. Erratum):
Die Tageszeitung Rheinpfalz veröffentlichte den Leserbrief einer Heilpraktikerin veröffentlicht und korrigierte die falsche Überschrift.
Die Tageszeitung Aachener Zeitung korrigierte ebenfalls die Überschrift und wies auf ihren Fehler in einem Erratum hin (siehe oben).
Auch der Berliner Tagesspiegel hat reagiert und seine Überschrift durch eine Richtigstellung ergänzt.
Es gibt aber auch Medien, wie die FAZ, die an ihrer falschen Überschrift festhalten und die Richtigstellung erst im ersten Satz des Artikels ergänzen.
Fazit
Dies sind nur einige Beispiele von vielen Medien, die auf die Proteste von Heilpraktiker*innen und Bloggern reagiert haben. Das zeigt, dass man medial etwas bewegen kann und der Aufwand dafür überschaubar ist. Entscheidend ist, dass man weiß, wie es geht und dass man es tut. Daraus kann man für weitere Aktionen lernen – und sich erst einmal über den Erfolg freuen.
Andere langfristige Methoden, die z.B. ein Mittwochs-Newsletter vorgeschlagen hat, wie die Beschwerde beim Dt. Presserat, wirken erst Monate oder Jahre später – wenn überhaupt. Denn: Medien sind schnelllebig und brauchen schnelle und effektive Maßnahmen wie Leserbriefe oder Social Media (und manchmal juristische „Nachhilfe“.)